Pharmakonzern brüskiert Gewerkschaft

Sanofi-Umbau: Gegenwind aus Höchst

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Berlin -

Seit langem steht der französische Pharmakonzern unter Preisdruck bei seinen Insulinen. Nun will er sich auf Krebsmedikamente konzentrieren, Diabetes spielt keine große Rolle mehr. Für Tausende Beschäftigte in Deutschland heißt das nichts Gutes. Die Gewerkschaft kündigt massiven Protest an.

Der Umbau des französischen Pharmakonzerns Sanofi dürfte die Mitarbeiter in Deutschland besonders treffen. Vor allem der Firmensitz Frankfurt werde leiden, fürchten Gewerkschafter. „Ein Ausstieg aus der Diabetesforschung wird sicher nachhaltige Folgen für den Standort in Frankfurt-Höchst haben“, sagte Volker Weber, Landesbezirksleiter der IG BCE Hessen-Thüringen. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Sanofi Deutschland versprach „schwere Verhandlungen und Widerstand“ gegen die Vorgaben aus der Konzernzentrale.

Sanofi-CEO Paul Hudson hatte am Montagabend in Paris angekündigt, sich künftig auf lukrative Krebstherapien zu konzentrieren. Aus der Forschung bei Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen will er sich zurückziehen. In diesen Bereichen sei der Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten um 11 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro gefallen, sagte Hudson am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Er versprach in „klarere Prioritäten und einen Fokus auf das Abliefern von Ergebnissen“. Der Ausstieg aus den wenig lukrativen Geschäften soll Sanofi bis 2022 Ersparnisse von zwei Milliarden Euro bringen und die Effizienz steigern.

Weber zeigte sich empört über die Ankündigung von Hudson, der seit September im Amt ist. Erst vor zehn Tagen habe die jüngste Aufsichtsratssitzung von Sanofi Deutschland stattgefunden. „Dort war keine Rede von einem so grundlegenden Strategiewechsel, der besonders den Standort Hessen betrifft“, kritisierte Weber. Nun gehe Hudson in die Öffentlichkeit, ohne die Arbeitnehmer einzubeziehen. Diese „Brüskierung“ werde nicht folgenlos bleiben.

Sanofi Deutschland erklärte, die Umbaupläne auch für Frankfurt würden erst in den kommenden Monaten erarbeitet. Die Pläne aus Paris beträfen nur die Forschung, in der 1300 Menschen in Frankfurt in mehreren Bereichen und nicht nur Diabetes arbeiteten, betonte eine Sprecherin. Sanofi hat im deutschen Forschungshub die hauseigene Forschung und die externer Partner gebündelt, vor allem für Diabetes, Stoffwechselerkrankungen und chronisch entzündliche Erkrankungen.

Das Diabetes-Geschäft mit dem Insulin Lantus ist das Herz des Standorts Frankfurts, wo 80 Prozent der deutschen Sanofi-Beschäftigten arbeiten. Ein Rückzug aus der Forschung dürfte langfristig auch nicht spurenlos an der Produktion vorbeigehen. Neben Frankfurt hat Sanofi hierzulande auch Standorte in Berlin, Köln und Neu-Isenburg mit einem Jahresumsatz von zusammen 4,8 Milliarden Euro.

7250 von rund 9000 Beschäftigten der Landesgesellschaft arbeiten am Main. Für seinen Kassenschlager, das in Höchst produzierte Insulin Lantus, hat Sanofi den Patentschutz verloren und kämpft in den USA mit sinkenden Marktanteilen. Das Insulin-Geschäft – lange eine Domäne der Franzosen – ist längst keine sichere Bank mehr. Sanofi wollte daher schon 320 Jobs in Höchst streichen, musste aber wegen neuer FDA-Vorgaben einlenken. Der größte integrierte Produktionsstandort von Sanofi weltweit ist an der Wertschöpfung vieler Arzneimittel beteiligt.

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