E-Rezept-Verweigerer

Honorarstrafen: Ärzte wehren sich gegen TI-Anschluss

, Uhr
Berlin -

In der Ärzteschaft scheint sich der Widerstand gegen den verpflichtenden Anschluss an die Telematikinfrastruktur zu halten. Einer Auswertung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zufolge haben die Kassenärztlichen Vereinigungen bereits weit über 4 Millionen Euro an Honorarstrafen verhängt. Besonders in Hessen und Baden-Württemberg ist die Lage drastisch: Dort ist demnach beinahe jede dritte Praxis noch nicht an die TI angeschlossen.

Der tatsächliche Betrag, der den Ärzten vom Honorar abgezogen wurde, sei allerdings höchstwahrscheinlich bedeutend höher als 4 Millionen Euro, schreibt die FAZ. Denn nicht alle angefragten Vereinigungen seien bereit gewesen, Daten dazu herauszugeben. Außerdem würden viele Abzüge erst im Lauf des Jahres nachträglich wirksam. Unter anderem hätten die KVen in Bayern und Baden-Württemberg keine Angaben gemacht – beides Bundesländer, die nicht nur besonders viele Ärzte haben, sondern in denen auch besonders viele Praxen noch nicht an die TI angeschlossen sind.

Während sich in Bayern bisher 26 Prozent der Praxisbetreiber weigerten, sich an die TI anschließen zu lassen, sind es in Baden-Württemberg 30 Prozent – genauso viele wie in Hessen. Das heißt: In beiden Bundesländern ist fast jede dritte Praxis noch nicht an die TI angeschlossen – obwohl das seit dem 1. Januar 2019 gesetzlich verpflichtend ist. Als erste Anwendung müssen die Praxen das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) durchführen. Seit diesem Stichtag sind Honorarkürzungen als Sanktion für den Nicht-Anschluss vorgesehen, wurden jedoch bis zum 30. Juni ausgesetzt – allerdings nur für die Praxen, die bis Ende März die notwendigen Verträge für den Erwerb der erforderlichen technischen Komponenten nachweisen konnten. Über die Art des Nachweises entscheidet die jeweilige KV. Allen anderen droht eine Honorarkürzung von 1 Prozent.

In Hessen war die KV offenbar bisher besonders strikt bei der Umsetzung. Im Sommer war ein auf Ende Juni datiertes internes Sitzungsprotokoll an die Öffentlichkeit gelangt, das Einblick in den Stand der TI-Anbindung ermöglichte. Demnach wurde das VSDM in 3374 Betriebsstätten bereits durchgeführt, was 39,8 Prozent aller Praxen entspreche, die im ersten Quartal Honorar mit der KV abgerechnet haben – nicht einmal 40 Prozent der Praxen lag also im Soll. 3682 Praxen hätten wiederum den Anschaffungsnachweis der TI-Komponenten erbracht. Und 1408 der 10.975 Ärzte und Psychotherapeuten seien von einer Honorarkürzung betroffen gewesen.

Der FAZ zufolge beliefen sich die Honorarstrafen in Hessen mittlerweile auf 1,1 Millionen Euro – rund ein Viertel der nicht vollständigen Summer von 4 Millionen Euro. Besonders widerspenstig sind anscheinend die Psychotherapeuten. Sie machten in Hessen rund die Hälfte der noch nicht angeschlossenen Betriebsstätten aus. KV-Vorstand Frank Dastych hatte ihnen deshalb laut dem internen Protokoll empfohlen, „ihren Frieden mit der TI zu machen und sich anzuschließen“.

Und für Praxen, die sich in Zukunft weiterhin gegen die TI sperren, könnte es in Zukunft noch teurer werden. Denn der Bundestag hat mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) auch eine Erhöhung der Honorarstrafen von 1 auf 2,5 Prozent des Honorars beschlossen. Sie soll im März in Kraft treten.

Weniger Sorgen müssen sich wohl die Zahnärzte machen. Bei ihnen liegt die Anschlussquote nach Angaben des Verbands bei rund 90 Prozent. Nach Plan von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollten eigentlich schon Mitte des Jahres alle 150.000 Arzt- und Zahnarztpraxen in Deutschland an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein. Für Apotheken gilt die Frist nach aktuellem Stand bis Ende September 2020, für Krankenhäuser bis Januar 2021. Danach sollen auch Hebammen, Physiotherapeuten und Pflegeeinrichtungen folgen, allerdings auf freiwilliger Basis.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Marburger Bund punktet bei Tarifverhandlungen
Unikliniken: 10 Prozent mehr bei reduzierter Stundenzahl
Geld für Ärzte und Medizinstudenten
Kassen kritisieren „Ausgabensteigerungsgesetz“

APOTHEKE ADHOC Debatte