APOTHEKE ADHOC Umfrage

Pille danach: Arzt ist keine Alternative

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Berlin -

Bei der Abgabe der Pille danach müssen die Apotheker künftig entscheiden, ob bei Patientinnen, die parallel bestimmte andere Medikamente einnehmen, die Einnahme einer zweiten Tablette angezeigt ist. Die meisten Kollegen sehen laut einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC der neuen Regelung gelassen entgegen – und gehen selbstbewusst mit der Verantwortung um.

54 Prozent der Teilnehmer trauen sich zu, im Einzelfall je nach Datenlage zu entscheiden. Nur 27 Prozent wollen kategorisch an den Arzt verweisen, der dann entscheiden soll. Nach wie vor eine Tablette wollen 12 Prozent der Teilnehmer empfehlen. Grundsätzlich zwei Tabletten wollen 4 Prozent bei entsprechender Comedikation abgeben.

Die Entscheidung der Patientin zu überlassen, ist keine Option. Nur 1 Prozent gab diese Möglichkeit an, genauso viele Kollegen hatten keine Meinung. An der Umfrage nahmen am 20. und 21. September 201 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Bei der Abgabe von Notfallkontrazeptiva müssen Apotheker nachfragen, ob die Patientin andere Medikamente einnimmt. Denn die Wirksamkeit des empfängnisverhütenden Präparats kann durch Interaktionen verloren gehen: Arzneimittel, die das Leberenzym CYP3A4 anregen, fördern den Abbau von Levonorgestrel (LNG) und reduzieren damit den Wirkstoffgehalt im Blut. Der Effekt kann bis zu vier Wochen anhalten.

Bislang werden potenziell relevante Interaktionen in der Fachinformation erwähnt. Konkrete Empfehlungen gibt es aber derzeit nicht. Im Mai war auf europäischer Ebene ein Verfahren gestartet, das in Großbritannien bereits zu neuen Hinweisen geführt hat.

Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will in der kommenden Woche neue Hinweise herausgeben. Der Postinor-Hersteller Gedeon Richter soll stellvertretend für alle Anbieter die Fachkreise informieren. Angeblich sollen mit dem Schreiben ausschließlich die Gynäkologen informiert werden.

Wie in Großbritannien soll der Einsatz einer Kupferspirale vorgeschlagen werden. Da dies im Versorgungsalltag zu Zeitverzögerungen führen würde und angesichts der neuerlichen Einbindung des Arztes insgesamt wenig praktikabel ist, dürfte die Gabe einer zweiten Tablette als Alternative deutlich häufiger zur Disposition stehen. Spannend wird daher die Frage, wie die neue Vorgabe im Leitfaden der Bundesapothekerkammer (BAK) umgesetzt wird.

Bislang werden potenziell relevante Interaktionen erwähnt. Konkrete Empfehlungen gibt es aber im BAK-Leitfaden derzeit nicht: „Weitere Angaben zu gegebenenfalls relevanten Wechselwirkungen finden sich in den jeweils gültigen Fachinformationen, auf die ausdrücklich hingewiesen wird“, heißt es. Apotheker sollen die Dauermedikation protokollieren und die Patientin gegebenenfalls zum Arzt schicken, der dann über die Einlage einer Kupferspirale entscheiden soll.

Zu den betroffenen Wirkstoffen gehören unter anderem Antikonvulsiva wie Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Oxcarbazepin und Carbamazepin sowie Rifabutin, Rifampicin, Griseofulvin und Ritonavir, Efavirenz und Nevirapin. In der Fachinformation sind entsprechende Hinweise enthalten.

Ulipristal, hierzulande enthalten in EllaOne, wird Frauen laut Fachinformation gar nicht empfohlen, wenn sie parallel einen starken CYP3A4-Induktor einnehmen oder in den vergangenen vier Wochen eingenommen haben. Hier werden beispielsweise durch Rifampicin Cmax und AUC von Ulipristalacetat um 90 Prozent oder mehr gesenkt und die Halbwertszeit um das 2,2-Fache verkürzt, was einer 10-fachen Verringerung der Exposition entspricht.

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