Nebenwirkungen auch bei niedriger Dosierung

MCP: Massiver Blutdruckanstieg möglich

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Berlin -

Metoclopramid (MCP) kann zu Herzproblemen führen – und sollte daher bei Patienten mit Vorbelastung nicht eingesetzt werden. Eine entsprechende Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) nach Analyse der ersten Langzeitberichte zum Nutzen-Risiko-Profil entschieden. Auch bei geringen Dosen und einer kurzen Anwendungsdauer treten schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf.

Die Auswertung von zwei europäischen Sicherheitsberichten bestätigt die Annahme der Behörde, dass auch bei bestimmungsmäßigem Gebrauch von MCP mit gravierenden Nebenwirkungen zu rechnen ist. Folglich fordert die EMA eine Anpassung aller Fach- und Gebrauchsinformationen an den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie spricht sich für die Änderung bei allen MCP-haltigen Fertigarzneimitteln aus, unabhängig davon, ob diese bereits zugelassen sind, oder sich noch im Zulassungsverfahren befinden.

Unter der Einnahme von MCP kann es zu einem starken Blutdruckanstieg kommen. Patienten berichten von merklichen Symptomen wie spürbaren Puls oder Herzrasen. Dieser Zustand kann bis zu sechs Stunden anhalten. Bei Patienten mit schwerer Hypertonie sollte die Anwendung unterlassen werden. Der Hinweis auf vorrübergehende Hypertonie soll mit „Häufigkeit unbekannt“ aufgenommen werden. Die Gebrauchsinformationen sollten ebenfalls um einen Hinweis auf starken Blutdruckanstieg ergänzt werden.

In diesem Jahr wurde der Punkt der unerwünschten Arzneimittelwirkungen aktualisiert. Die EMA sprach sich im Juli für die Aufnahme von ophthalmischen Nebenwirkungen aus: Sehstörungen und okulogyre Krisen (Blickkrämpfe) wurden in allen Fachinformationen ergänzt. Anfänglich zeigt sich diese Krise durch allgemeines Unwohlsein und einen starren Blick. Später folgt das „Hochdrehen“ der Augäpfel, diese verkrampfen für längere Zeit und verbleiben in dieser Position. Solche Augenreaktionen können ein erstes Anzeichen für eine generelle Dystonie sein. Unter diesem Krankheitsbild versteht man Bewegungseinschränkungen aufgrund von Störungen des motorischen Zentrums im Gehirn. Beschwerden äußern sich in Athetosen (Gelenküberdehnungen), Tremor (Zittern), Ballismus (Schleuderbewegungen der Extremitäten) und Chorea (unwillkürliche, rasche Bewegungen).

Ebenfalls ergänzt wurde ein besonderer Warnhinweis zur Anwendungsdauer: Die Einnahme sollte den Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten, da das Risiko für Spätdyskinesien steigen kann. Diese zeigen sich durch dauerhafte unwillkürliche Bewegungen zumeist im Gesichtsbereich (Grimassen, Kaubewegungen). Nach einer langfristigen Einnahme von MCP können diese Spätfolgen irreversibel sein.

Aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen erfolgte 2014 die Marktrücknahme der flüssigen Zubereitungen mit MCP in der Dosierung à 5 mg/ml. Es lagen gehäuft Berichte über schwere neurologische Nebenwirkungen insbesondere bei höheren Dosen und einer längerfristigen Anwendung vor. Im Zuge des Zulassungswiderrufs wurde die zulässige Konzentration für orale Zubereitungen auf 1 mg/ml gesenkt. Die EMA begrenzte ebenfalls die maximale Anwendungsdauer sowie die Indikationsgebiete: MCP sollte bei Erwachsenen nur noch zur Behandlung von Übelkeit im Rahmen einer Strahlen- sowie Chemotherapie sowie bei Migräne für maximal fünf Tage eingesetzt werden. Ein Jahr nach dem Widerruf kamen MCP-Lösungen mit einer neuen niedrigen Konzentration auf dem Markt.

In der Pädiatrie ist der Arzneistoff nur noch als Zweitlinienmedikament zugelassen. Unter einem Jahr ist die Anwendung kontraindiziert. Die Indikationsgebiete beschränken sich auf den Einsatz als Begleitmedikation einer Chemotherapie zur Linderung von Übelkeit und Erbrechen. Im Einzelfall kann MCP zur Linderung von postoperativer Übelkeit gegeben werden. In beiden Fällen ist auf die weitere Medikation zu achten: MCP geht mit zentral wirksamen Arzneimitteln in Wechselwirkung.

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