Botendienst

Pillen-Bernie: Flink wie ein E-Hirsch

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Berlin -

Nur Mut! Viele Apotheker schrecken vor dem Einsatz eines E-Autos zurück. Zu teuer in der Anschaffung, ungewisse Lademöglichkeiten – da bleibt man lieber beim vertrauten Diesel. Martin Salzmann, Apotheker aus Zell, ist der erste, der an der Mosel den Botendienst per E-Auto erledigt. Er lobt Preis, Umweltaspekte und den Marketingeffekt.

„Viele Kollegen trauen sich nicht an das Thema heran“, sagt er aus Erfahrung, „denen möchte ich Mut machen. Wir fahren täglich im Schnitt 50 Kilometer mit unserem Elektroauto und sind sehr zufrieden. Der Werbeeffekt ist toll, weil wir das zweite E-Auto hier im Kreis sind, in Zell das erste. Es ist ein echter Hingucker.“ Fahrer Bernd Boot, in Kundenkreisen besser bekannt als „Pillen-Bernie“, ist ebenfalls nicht traurig, dass der alte Wagen verkauft wurde.

Im Sommer fährt der Bote der Hirsch-Apotheke mit einer Stromladung Touren bis zu 100 Kilometer, im Winter, mit Heizung, rund 60 Kilometer. „Für längere Touren ist so ein E-Auto nicht geeignet, aber für unsere Bedürfnisse ist es ideal. Es hat viel Platz, fährt sich klasse und verbraucht rund 17 Kilowattsunden auf 100 Kilometer. Im Sommer weiter, weil man ja keine Energie für die Heizung braucht. Dann reichen zwölf bis 13 Kilowattstunden.“

Die Betriebskosten haben sich in der Hirsch-Apotheke mehr als halbiert: „Sie liegen bei 30 Euro pro Monat, früher bezahlten wir rund 70 Euro fürs Benzin. Dazu kommt einmal im Jahr eine Inspektion. Auch die Werkstattkosten sind deutlich niedriger, weil es zum Beispiel keinen Ölwechsel gibt.“

Das Auto, einen Peugeot Ion, hat er gebraucht für 15.000 Euro gekauft. „Neu hätte der Wagen rund 21.000 gekostet.“ Zum Auftanken hat Salzmann von einem Elektriker eine kleine, fest installierte Ladestation bauen lassen. Kostenpunkt: rund 1000 Euro. „Der Strom ist relativ günstig, er kostet derzeit 19,6 Cent pro kWh. Ich war schon immer ökologisch angehaucht, privat und für die Apotheke nutzen wir Ökostrom. In der Apotheke haben wir für die Heizung eine Wärmepumpe.“

Der Stromer hat einen festen Tagesplan: „Abends um 17 Uhr geht die Botentour los, am Morgen darauf wird er angestöpselt, die Ladezeit beträgt vier bis fünf Stunden, mittags ist er voll.“ Ein kleiner Tipp aus der Praxis: „Nicht stark Gas geben, das vergeudet Strom.“ Und ein Nachteil der Stromer: „Sie sind lautlos.“ Das ist zwar schön, wenn man damit fährt, aber leider hören die Passanten den schicken kleinen Wagen ebenfalls nicht.

Elektroautos kämpfen immer wieder mit dem Vorurteil, nicht alltagstauglich zu sein. Aber auch ein anderer Apotheker schwört darauf. Seit zwei Jahren hat Apotheker Robert Stenz aus der Kornhaus-Apotheke im Allgäu zwei E-Flitzer im Einsatz. Seine Renaults ZOE werden ebenfalls für den Botendienst der Apotheke eingesetzt. Da die ehemals kostenlose öffentliche „Strom-Tankstelle“ im ehemaligen Bahnhofsgebäude neuerdings Geld fürs Aufladen nimmt, installierte Stenz kurzerhand eine eigene Aufladestation. Hinter der Apotheke hat er nun einen Powercharger mit einer Ladeleistung von bis zu 22 Kilowatt. Jedes Auto muss für eine volle Aufladung nur rund eine Stunde an die Stromdose, eine Tankladung kostet unter fünf Euro.

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