Impfstoffversorgung

BPI an Spahn: Zwei Impfstoff-Anbieter reichen nicht

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Berlin -

Dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) reicht die neue Impfstoffregelung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht aus. Krankenkassen sollen künftig statt einem die beiden günstigsten Impfstoffe bezahlen müssen, sieht das neue „Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung“ vor. „Zwei Anbieter sind zwar besser als einer“, räumt BPI-Chef Martin Zentgraf ein. Die Versorgungssicherheit sei deshalb trotzdem noch nicht gesichert.

„Nicht ohne Grund wurden Rabattverträge für Impfstoffe trotz der Zweipartnerlösung abgeschafft“, so Zentgraf. Auch zwei Anbieter seien bei Impfstoffen keine Versorgungsgarantie, falls einer ausfällt, „egal in welcher Vertragskonstruktion“. Um die Versorgung sicherzustellen, müssen dem BPI zufolge die Impfstoffe aller Hersteller „zur Verfügung stehen“, also von den Kassen bezahlt werden.

„Exakt dies“ habe der Gesetzgeber vergangenes Jahr im Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) geregelt gehabt. Dieses hatte exklusive Rabattverträge für Impfstoffe aufgrund latenter Versorgungsprobleme ausgeschlossen. „Aber offensichtlich orientiert man sich mehr an relativ geringen Kosteneinsparungen für die GKV, als an einer optimalen Versorgung der Patienten“, wirft Zentgraf der Politik vor. Das sei „ein erhebliches Wagnis, gerade für die kommende Grippesaison“.

Der BPI zieht seit Längerem gegen Erstattungsregelungen bei Impfstoffen zu Feld, zuletzt gegen die Impfstoffvereinbarung zwischen AOK Nordost und Berliner Apotheker-Verein. Ende März ging die Auseinandersetzung sogar vor Gericht: In einer Pressemitteilung hatte der BPI scharfe Kritik an der AOK geübt. Er warf der Kasse unter anderem eine „Versorgungssteuerung durch die Hintertür“ vor. Damit riskiere sie „sehenden Auges Versorgungsengpässe für die Patienten“. Auch in der Pressemitteilung war explizit die Rede von „Ausschreibungsmodell“ und „Rabattvertrag“.

Der Kasse ging das zu weit. Sie mahnte den Verband ab, der sich jedoch weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, worauf die AOK beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung beantragte. Nach mündlicher Verhandlung wies das Gericht den Antrag jedoch ab. Die Impfstoffvereinbarung sieht keine exklusive Versorgung durch einen Hersteller, wohl die Erstattung von maximal 10,95 Euro pro Dosis vor – der Preis von Mylans tetravalentem Grippeimpfstoff. Damit entsteht de facto die Situation eines Rabattvertrages, kritisieren die Hersteller.

Die zweite Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt gab den Kritikern recht, dass die Vereinbarung ungültig sei, widersprach ihnen aber dennoch. Denn sie stellte klar, dass sie Impfstoff-Ausschreibungen grundsätzlich für zulässig hält, obwohl diese 2017 mit dem AMVSG gestrichen wurden. Die Kammer kam zu dem Schluss, dass die Vereinbarung die Ärzte in ihrer Verschreibungspraxis lenkt und deshalb in einem geordneten Vergabeverfahren ablaufen muss. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, da die AOK Beschwerde dagegen eingelegt hat. Nun muss sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) um den Fall kümmern.

Anders als die Vergabekammer urteilte das Landessozialgericht (LSG) Hessen, zu dem Sanofi den Streit getragen hatte. Das LSG befand, Kassen und Apothekerverbände hätten sich bei der Vereinbarung an geltendes Recht gehalten, weil diese produkt- und herstellerneutral ausgestaltet sei und weder direkt noch indirekt bestimmte Hersteller bevorzuge. Hier blies der BPI ins selbe Horn: „Die Borniertheit, mit der die AOK Nordost das Urteil des Landessozialgerichts Hessen auslegt“, so Zentgraf, „lässt vermuten, dass es der Kasse in Wahrheit um etwas anderes geht, als um die Versorgungssicherheit“.

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