Repetitorium Antidepressiva

Vorsicht bei MAO-Hemmern und Käse

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Berlin -

Kein Alkohol und kein tyraminreicher Käse sind die grundlegenden Ernährungsgrundsätze unter der Behandlung mit MAO-Hemmern bei Depressionen. Die Stoffgruppe hat ein hohes Wechselwirkungspotenzial, das beratungsintensiv ist. Patienten sollten gut informiert sein, wenn sie neu auf das Medikament eingestellt werden, da sonst eine hypertensive Krise drohen kann.

Fall: Eine Patientin möchte ein Rezept über Jatrosom (Tranylcypromin, Aristo) einlösen. Sie soll neu auf das Arzneimittel eingestellt werden, weil die vorangegangenen Therapien der depressiven Episoden nicht erfolgreich waren. Zuvor wurde die Frau mit zwei Standardwirkstoffen behandelt.

Analyse: Tranylcypromin ist ein Reserveantidepressivum und nicht Mittel der ersten Wahl. Der Monoamino-Oxidase-(MAO)-Hemmer kommt zum Einsatz, wenn vorangegangene Therapien mit anderen Antidepressiva nicht erfolgreich waren und man von therapieresistenten Depressionen spricht, oder andere Antidepressiva nicht vertragen wurden oder kontraindiziert sind. Der Wirkstoff ist stimmungsaufhellend und antriebssteigernd – vor allem bei Depressionen, die von Lustlosigkeit und Antriebslosigkeit gekennzeichnet sind. Der Wirkstoff bietet ein großes Wechselwirkungspotenzial. Patienten sollten eine strenge Diät halten, um eine hypertensive Krise zu vermeiden.

Kommunikation: Der irreversible MAO-Hemmer ist ebenfalls Inhibitor von Cytochrom-P450 2A6. Der Wirkstoff blockiert Enzyme, die für den Abbau von Neurotransmittern in den Nervenzellen zuständig sind und lässt sich von den Bindungsstellen nicht verdrängen. Somit erhöht sich die Konzentration der Neurotransmitter wie Noradrenalin, Serotonin, Dopamin und Melatonin. Der Abbau mittels oxidativer Desaminierung der Botenstoffe gilt auch für körperfremde Stoffe wie Tyramin. Das biogene Amin der Aminosäure Tyrosin kann unter anderem vasokonstriktiv und dadurch blutdrucksteigernd wirken. Patienten sollten daher eine tyraminarme Diät einhalten. So können hypertensive Krisen und lebensbedrohliche Hirnblutungen vermieden werden.

Sinkt durch die Gabe von MAO-Hemmern die Entgiftung der biogenen Amine, können auch toxische Erscheinungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit auftreten. Reich an Tyramin sind vor allem Lebensmittel, die durch Fermentation entstehen wie zum Beispiel Bergkäse, Brie, Camembert, Emmentaler, Gorgonzola, Gruyère oder Sauermilchkäse. Tabu sollten auch Leber, Sardellen, Schalentiere, Avocado, Linsen, Sauerkraut, gepökelte und geräucherte Wurstsorten sowie Himbeeren, Ananas und Rhabarber sein. Auch bei den Getränken ist Vorsicht geboten. Abstand sollten Betroffene von Rotwein, Bier – mit und ohne Alkohol, Kaffee oder Wermut nehmen. Auf alkoholische Getränke sollte ganz verzichtet werden, da Alkohol die Wirkung des MAO-Hemmers auf unvorhergesehene Weise verstärken kann.

Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Arzneimittel sind nur schwer mit Tranylcypromin zu kombinieren, das gilt vor allem für andere Antidepressiva. Die Gefahren für Serotonin-Syndrom, Krampfanfälle und Blutdruckkrise sind groß. Eine Kombination mit Benzodiazepinen und Lithiumsalzen ist jedoch möglich. In der Selbstmedikation sind beispielsweise Arzneistoffe wie Dextromethorphan gegen Reizhusten, Doxyalamin gegen Schlafstörungen oder auch Triptane gegen Migräne kontraindiziert.

Therapie: Einen Tag zu Beginn der Behandlung und 14 Tage nach Absetzen des Arzneimittels sollte auf den Verzehr von Lebensmitteln mit hohem Tyramingehalt verzichtet werden. Patienten beginnen die Therapie mit 10 mg am Morgen. Die Stimmungsaufhellung kann sich nach ein bis drei Wochen einstellen. Ist die erste Wirkung erreicht, wird das Medikament aufdosiert um 10 mg pro Woche, bis die therapieübliche Dosis von 20 bis 40 mg erreicht ist. Die stationäre Dosis liegt bei 60 mg pro Tag. Haben Patienten einen Einnahme vergessen, sollte die Dosis nicht nachgeholt werden, sondern zum nächsten Einnahmezeitpunkt wie gewohnt fortgesetzt werden.

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