Lieferengpässe

Apothekerin klagt: Fünffache Beratungszeit wegen Defekten

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Berlin -

Die Lieferengpässe in den Apotheken nehmen kein Ende. Darunter leiden nicht nur die Apotheker selbst, sondern auch die Kunden. Diese müssen sich vielerorts auf längere Wartezeiten in der Offizin einstellen. Darauf reagierten sie zunehmend mit Unverständnis, berichtet Kathrin Rodewald. Die Pharmazeutin aus dem vorpommerschen Pasewalk hat nur wenig Hoffnung, dass sich die Situation bald entspannt.

„Meine Angestellten entschuldigen sich oft schon vorab für die Wartezeit“, seufzt Rodewald. Statt der üblichen zwei Minuten benötigt sie derzeit zwischen fünf bis zehn Minuten, um einen Kunden in ihrer Kreis-Apotheke zu bedienen. Die Folge sind lange Schlangen und fragende Blicke bei den Wartenden. Doch die Lieferengpässe machten ein schnelleres Arbeiten derzeit unmöglich.

„Der Medikamentenmangel zieht sich mittlerweile durch alle Kategorien. Es betrifft einerseits die Klassiker wie Ibuprofen. Doch selbst Candesartan, das ich als Puffer für das ausgegangene Valsartan geordert habe, ist derzeit nicht verfügbar“, erzählt Rodewald. 178 Medikamente stehen bei ihr auf der Defektliste. Bei einem Kollegen im gut 20 Kilometer entfernten Prenzlau sind es sogar über 200.

Die Apothekerin aus Pasewalk versucht, ihren Kunden die Situation so gut wie möglich zu erklären. Das wird jedoch immer schwerer. „Die Kunden verstehen nicht immer, wo das Problem liegt. Wenn ich ihnen erkläre, dass das Medikament nicht verfügbar ist, fragen sie, ob es denn morgen da ist“, so Rodewald. Gerade die Umstellung vom gewohnten Medikament auf ein Ersatzpräparat stößt bei vielen auf Unverständnis.

Eine schnelle Besserung erwartet die 33-jährige Apothekerin nicht. Im Gegenteil: „Der neue Rahmenvertrag macht unsere Arbeit immer schwerer.“ Seit Inkrafttreten des Vertrages habe sie viel Kraft gelassen, sagt Rodewald. Worum es in der Apotheke eigentlich gehe, nämlich der Kundenkontakt, werde immer schwieriger zu bewerkstelligen. „Eigentlich bräuchte ich mehr Personal. Aber das ist in unserer Region schwer zu finden.“ Immerhin eine neue PTA hat nun in Rodewalds Apotheke angefangen.

Noch schwieriger gestaltet sich die Suche nach neuen Bezugsquellen für Medikamente. „Ich nutze derzeit schon alle Lieferanten, die in der Region aktiv sind“, so die Apothekerin. Gebe es ein Medikament beim ersten Großhändler nicht, gehe sie zum zweiten. Danach zum dritten und zum vierten. Vorteilhafte Konditionen gehen dabei verloren. Auch beim Hersteller selbst die Medikamente anzufragen, lohne sich nicht: „Die verkaufen lieber ins Ausland“.

Trotz aller Schwierigkeiten bereut Rodewald nicht, die Kreis-Apotheke in der vorpommerschen Kleinstadt Pasewalk vor einem Jahr übernommen zu haben. Hier ist sie aufgewachsen, hat im nahen Greifswald Pharmazie studiert. Dass sie sich eines Tages in ihrer Heimatstadt niederlässt, stand für die Apothekerin nie in Frage. Nun leitet Rodewald ein Team von zehn Mitarbeitern – und hat sich fest vorgenommen, den schweren Zeiten mit Tatkraft und Optimismus zu begegnen.

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