Telemedizin

Zur Krankmeldung in die Apotheke

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Berlin -

Eine Krankschreibung muss dem Arbeitgeber spätestens am vierten Werktag vorliegen, so ist es vorgeschrieben. In der Regel führt der Weg aus der Arztpraxis zunächst in die Apotheke und dann zum Briefkasten. In Zukunft sollen Arbeitnehmer ihre Krankschreibung direkt in der Apotheke an Arbeitgeber und Krankenkasse schicken können. Das ist die Idee der Gesellschaft für Infrastruktur und Versorgungsmanagement (DeGIV), die am Mittwoch im hessischen Eschwege entsprechende Terminals vorgestellt hat.

Über das Terminal sollen Patienten Unterlagen einscannen und an ihre Krankenkasse beziehungsweise – im Fall der Krankschreibung – auch den Arbeitgeber schicken können. Die Geräte bestehen aus einem Touchpad, einem Lesegerät für die elektronische Gesundheitskarte (eGK), einem Unterschriftenfeld, einem Drucker für Belege und einem Kameraarm, mit dem Dokumente gescannt und Fotos für die eGK erstellt werden können.

Jede Krankenkasse könne ihren Versicherten über das Terminal verschiedene Leistungen anbieten, erklärt DeGIV-Geschäftsführer Dieter Rittinger. Über die eGK weise sich der Patient aus und erhalte Zugang zu dem entsprechenden Angebot. Aber auch andere Funktionen seien denkbar, etwa Unterstützung bei der Arztsuche, Terminvereinbarung oder Patientenbefragungen. Die Daten werden verschlüsselt und über sichere Mobilfunkverbindungen verschickt.

Anhand der Informationen auf der eGK könnten der Arbeitgeber und dessen Kontaktdaten ermittelt werden, so Rittinger. Der Versicherte könne anschließend entscheiden, ob neben der Kasse auch seinen Chef informieren möchte. Ziel von DeGIV ist es, das Datenaustauschverfahren zwischen Krankenkassen und Unternehmen um die Meldung der Arbeitsunfähigkeit zu erweitern. Bis dahin, oder wenn Arbeitgeber das Verfahren nicht nutzen, erhalten sie die Daten über ein Internetportal.

Krankenkassen, die ihren Versicherten den Terminal-Service zur Verfügung stellen wollen, zahlen dafür 80 Cent pro Jahr und Versichertem, der im selben Postleitzahlgebiet lebt, in dem es ein Terminal gibt. Daneben hoffen Rittinger und sein Partner Lars Kliefoth auf Werbeeinnahmen. Zu dem Terminal gehören auch zwei 32-Zoll-Bildschirme, auf denen Anzeigen von Krankenkassen, Arzneimittelherstellern oder der jeweiligen Apotheke laufen.

Für die Apotheken soll das Angebot kostenlos sein: Sie erhalten das Terminal ohne Gebühr, außerdem lockt der Hersteller mit den Werbemöglichkeiten. Auf die Apotheken setzt DeGIV aus verschiedenen Gründen: Zum einen freuten sich Pharmazeuten, anders als Ärzte, über unangekündigte Kundschaft. Zum anderen dürfe die eGK nur bei Leistungserbringern eingesetzt werden. Und schließlich versteht Rittinger das Terminal als Bekenntnis zur Präsenzapotheke. Beide Geschäftsführer seien Familienväter und wüssten, was es bedeute, nachts Zäpfchen zu besorgen – da helfe die Versandapotheke nicht.

Fast jeder Krankenkasse hätten sie ihr Projekt inzwischen vorgestellt und bereits einige Verträge unterzeichnet, so Rittinger. Auch zahlreiche Apotheker aus dem ganzen Bundesgebiet hätten sich in vergangenen Monaten um die Zusammenarbeit beworben. Ab März sollen mehr als 500 Terminals ausgeliefert werden, unter anderem an Apotheken in Niedersachsen, ins Ruhrgebiet und nach Ost-Westfalen-Lippe. Ziel von DeGIV ist es, jede dritte Apotheke anzubinden. Mehr sollten es nicht werden, so Rittinger, denn dann passe die Kalkulation mit 80 Cent pro Versichertem nicht mehr.

Die erste Krankenkasse, die mit dem Projekt an die Öffentlichkeit gegangen ist, ist die Betriebskrankenkasse Werra-Meißner-Kreis (BKK) in Nordhessen. Neun Apotheken in der Region um Eschwege sollen im März mit den Servicestationen ausgestattet werden. Versicherte der BKK können ab dann ihren Krankenschein ohne Briefmarke verschicken.

Das Unternehmen DeGIV haben Rittinger und Kliefoth im vergangenen Jahr gegründet. Rittinger war zuvor im Vorstand der damaligen BKK Rheinische Kalksteinwerke tätig und zuletzt bei dem nordrhein-westfälischen Unternehmen HMM Deutschland, das Versorgungs- und Abrechnungslösungen für Krankenkassen entwickelt.

Kliefoth war zuvor bei dem US-Konzern NCR tätig, der Geldautomaten, Einzelhandels- und Warenhaussysteme herstellt. In dieser Funktion war er unter anderem an der Entwicklung der Bildbeschaffungsterminals beteiligt, mit denen AOK-Versicherte in den Geschäftsstellen der Kasse ein Foto für die eGK erstellen können.

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