Medikamente im Straßenverkehr

Vergessene Tablette kann eine Straftat sein

, Uhr
Berlin -

Dass zahlreiche Arzneimittel einen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben können, ist hinreichend bekannt. Medikamente können sowohl einen positiven als auch einen negativen Einfluss auf das die Teilnahme in Straßenverkehr haben. Während einige Augentropfen, Antiallergika oder Schlaf- und Beruhigungsmittel zu Fahrunfähigkeit führen können, können Blutdruckmittel, Antidiabetika oder Antiepileptika die Fahrtüchtigkeit erst gewährleisten. Darüber informiert auch der ADAC seine Mitglieder in der aktuellen Ausgabe der „Motorwelt“.

Im vergangenen Jahr gingen laut ADAC 1.373.000.000 Arzneimittelpacken über den HV-Tisch. In einigen Fällen machten die Medikamente die Patienten überhaupt erst fahrtüchtig. Dazu führt der Verkehrsclub ein Beispiel aus dem Jahr 2015 an, als eine Frau mit ihrem Wagen ungebremst in eine Eisdiele krachte. Zwei Menschen starben. Die Epileptikerin hatte am Steuer einen Krampfanfall. Dabei hätte der Unfall laut Gerichtsbeschluss verhindert werden können, wenn die Frau ihre Medikamente regelmäßig eingenommen hätte.

Fakt ist: Wer sich hinter das Steuer setzt, muss fahrtüchtig sein – also objektiv in der Lage, ein Fahrzeug zu führen. Ist dies nicht der Fall, wird eine Straftat begangen. Werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, kommt laut ADAC § 315c Strafgesetzbuch (StGB, Gefährdung des Straßenverkehrs) zum Tragen.

In Absatz 1 heißt es: „Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen, […] und dadurch Leib und Leben eines anderen Menschen […] gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber laut Verkehrsclub nicht, „ob die körperlichen Mängel durch nicht eingenommene Medikamente oder durch Nebenwirkungen von Arzneimittel entstanden sind“.

Etwa jedes fünfte Medikament kann laut Beitrag die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Beispielsweise Schlaf- und Beruhigungsmittel. Im vergangenen Jahr haben schätzungsweise etwa 1,7 Millionen ab einem Alter von 14 Jahren Arzneimittel der Indikationsgruppe regelmäßig – also einmal pro Woche oder häufiger – eingenommen. Aber auch starke Schmerzmittel, einige Antiallergika, Augentropfen oder einige Erkältungsmittel können die Fahrtüchtigkeit beeinflussen. Wer mit Arzneimittel auf Grundlage alkoholischer Lösungen behandelt wird und sich somit unter Alkoholeinfluss ans Steuer setzt, begeht ebenfalls eine Straftat nach § 316 StGB (Trunkenheit am Steuer). Hierbei ist es laut ADAC ebenfalls unerheblich, ob die Arzneimittel vom Arzt verordnet wurden. „Was zählt, sind die Fahrfehler.“

Eine Ausnahme sieht das Gesetz bei Patienten vor, die mit medizinischem Cannabis behandelt werden. Geregelt ist dies in § 24a StGB. Darin heißt es, dass eine Ordnungswidrig begeht, wer unter der Wirkung eines in der Anlage genannten berauschenden Mittels ein Kraftfahrzeug führt. Und die Wirkung durch einen Bluttest nachgewiesen werden kann. Dies gilt jedoch nicht, „wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“ – das Medikamentenprivileg. Ganz auf der sicheren Seite sind die Patienten dennoch nicht, denn wer sich mit drogenbedingten Ausfallerscheinungen hinter das Steuer setzt und nicht in der Lage ist das Fahrzeug zu führen, begeht eine Straftat. Dies gilt auch für Autofahrer die medizinisches Cannabis konsumieren.

Insulinpflichtige Diabetiker können sich an der Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ orientieren. Diese besagt: Eine Insulinpflicht oder ein hoher Langzeitblutzuckerwert stellt keinen Grund zur Verweigerung des Führerscheins dar, denn die Unfallhäufigkeit ist bei Diabetikern nur unwesentlich erhöht. Eine Fahruntauglichkeit kann jedoch unter bestimmten Bedingungen wie wiederholter schwerer Unterzuckerung oder dem unbehandelten Schlaf-Apnoe-Syndrom angezeigt sein. Wer zwei schwere Unterzuckerungen im Wachzustand innerhalb eines Jahres erlebt, darf zunächst nicht mehr Auto fahren. Eine vorübergehende Fahruntauglichkeit ist beispielsweise angezeigt, wenn schwere Stoffwechselentgleisungen vorliegen, der Patient sich in der Einstellungsphase auf Insulin befindet oder andere Therapieumstellungen und Dosisänderungen vorgenommen werden. Sobald der Blutzuckerstoffwechsel stabil ist, dürfen die Patienten wieder mit dem Auto fahren.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
„Ich habe eine Rechnung für ‚Nichtstun‘ erhalten.“
Audit verweigert: AfP will 326 Euro
Feld nicht den Versendern überlassen
Card Link: Gedisa bringt standeseigene Lösung
Mehr aus Ressort
„Durchfahrtshöhe falsch eingeschätzt“
Apothekenlieferant kracht in Parkhausdach

APOTHEKE ADHOC Debatte