Umstrittene Solidaritätsaktion

AfD-„Negerküsse“ für Mohren-Apotheker

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Berlin -

Die Diskussion um eine mögliche Umbenennung von „Mohren-Apotheken“ hat auch Nürnberg erreicht. Ein AfD-Landtagskandidat konterte die Rassismus-Vorwürfe mit einer „Mohrenkopf“-Aktion gegen die „Meinungsdiktatur“. Der Apotheker geht auf Distanz.

Matthias Vogler kandidiert im Wahlkreis Nürnberg-West. Der Betriebswirt stammt aus Mecklenburg, hat in Amberg studiert und lebt seit 2012 in Nürnberg. Er arbeitet seit Oktober als persönlicher Referent des Bundestagsabgeordneten und bayerischen AfD-Vorsitzenden Martin Sichert.

Als er die Berichte über den Streit um die Frankfurter Mohren-Apotheken gelesen habe, habe Vogler ein Zeichen setzen wollen, „gegen die Meinungsdiktatur und die Diskriminierung und Ausgrenzung unserer deutschen Sprache“. Schließlich gebe es auch in Nürnberg fünf Apotheken, die das Wort „Mohr“ im Namen tragen. „Mohr und Neger an sich sind keine diskriminierenden Worte“, findet Vogler. Es komme darauf an, in welchem Kontext sie verwendet werden. „So wird ‚Neger‘ erst in Kombination mit ‚Bimbo‘ oder ‚Sau‘ zum Schimpfwort“, so Vogler.

Gemeinsam mit einem Parteifreund stellte er sich für über zwei Stunden auf den Lorenzer Platz in Sichtweite der Mohren-Apotheke zu St. Lorenz. Aus Plastikeimern verteilte er so deklarierte „Negerküsse“ und „Mohrenköpfe“ an vorbeikommende Passanten. „Das kam sehr gut an“, meint Vogler. „Auch ein paar 'Neger' ließen es sich schmecken und konnten nichts Anstößiges an meiner Aktion finden. Nur vier Gutmenschen übten Kritik.“

Inhaber Wilhelm Bouhon freute sich zunächst über die Solidaritätsbekundung und ließ sich mit Vogler und Süßspeise ablichten. „Später habe ich noch einen Eimer Mohrenköpfe bei ihm in der Apotheke zum Weiterverteilen abgegeben“, sagt Vogler.

Erst da erfuhr Bouhon, dass Vogler für die AfD kandidiert. „Ich habe mich schon gefragt, was seine Motivation für diese Aktion ist. Vor den Karren dieser Partei lasse ich mich nicht spannen, dagegen verwahre ich mich aufs Schärfste.“ Eine Kundin habe ihm am nächsten Tag erzählt, dass ihr gemeinsames Foto auf Voglers Facebook-Seite zu finden sei. „Die weitere Verwendung habe ich ihm untersagt.“

Voglers Post auf Facebook wurde 634-mal geteilt, bekam 616 „Likes“ und einen „Wow“. Nach Angaben des Verfassers sei der Post über 30.000 Mal angeklickt worden. Von den Facebook-Usern bekam er viel Lob, allerdings auch Kritik.

Ein User schrieb: „Schön zu sehen, daß es in Deutschland noch Menschen gibt, die sich durch die zion-gesteuerte Mainstream-Propaganda ihre Hirne nicht waschen und das SELBSTSTÄNDIGE DENKEN nicht verbieten lassen!“ Er habe daran gedacht, den Kommentar zu löschen, sagt Vogler: „Ich bin noch nicht so lange bei den sozialen Medien und wollte mich erst mal bei meinem Chef erkundigen, was ich mit solchen Kommentaren machen soll.“ Er selbe teile die Ansicht auf gar keinem Fall. „Wir leben schließlich in einem christlich-jüdisch geprägten Kulturkreis.“

Er setze sich selbst für die „Werte der Toleranz und Akzeptanz“ ein, sagt der Kandidat. Ausgrenzung sei ihm nicht fremd: „Als Schwuler habe ich Diskriminierung am eigenen Leib erlebt.“ Er könne damit leben, dass manche in seiner Partei nicht immer lesben- und schwulenfreundliche Positionen vertreten. „Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, solange sie auf dem Boden des Grundgesetzes und des Rechtsstaats ist. Alexander Gauland, Beatrix von Storch, Björn Höcke oder André Poggenburg wissen, dass ich schwul bin und haben damit kein Problem.“

Vogler hat schon früher mit kontroversen Aktionen von sich reden gemacht. So postete er im Februar auf seiner Facebook-Seite Bilder von seinem Ein-Mann-Protest gegen den türkisch-islamischen Dachverband DITIB, gegen Minarette und den türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Auf drei Fotos posierte er in einer selbst gemachten Burka.

Vogler kandidiert bei der Landtagswahl unter anderem gegen Markus Söder. Der CSU-Spitzenkandidat und designierte bayerische Ministerpräsident holte hier 2013 das Direktmandat mit 43,2 Prozent der Erststimmen. Die gerade gegründete AfD war damals noch nicht angetreten.

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