Onlinehandel

Versender zittern vor Abmahn-Anwälten

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Berlin -

Die Gesetze des Online-Handels sind unerbittlich. Abmahnungen gehören da fast zum Tagesgeschäft. In den vergangenen zwölf Monaten ist jeder zweite deutsche Shop-Betreiber mindestens einmal abgemahnt worden. Viele Händler fühlen sich in ihrer Existenz bedroht.

Im Rahmen der Studie „Abmahnungen im Online-Handel“ hat Trusted Shops die Abmahnungen unter die Lupe genommen. Ergebnis: Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der unerfreulichen Briefe bundesweit um rund 4 Prozent zugenommen. An der Studie nahmen 1530 Online-Händler teil.

Flattert ein Brief eines fremden Anwalts ins Haus, kann es teuer werden: Im Durchschnitt sind pro abgemahntem Vergehen nämlich 1300 Euro fällig. Das ist aber nur der Anfang, quasi die „Grundgebühr“, die der gegnerische Anwalt in Rechnung stellt. Bei den Studienteilnehmern wurden durchschnittlich rund 4700 Euro fällig. Ausschlaggebend für dieses Ergebnis ist der Umstand, dass einige der Online-Händler bereits mehrfach abgemahnt wurden. In der Studie gaben 51 der Befragten an, dass sie die derzeit übliche Abmahnpraxis denn auch für „akut existenzgefährdend“ halten.

Immer wieder gibt es Kritik und Abmahnungen an den Vorgehensweisen von Online-Versandapotheken. Kunden und nicht zuletzt Kollegen schauen sehr genau hin, wie die Ware im Internet angepriesen wird. Ein Beispiel aus dem vergangenen April: Die Verbraucherzentrale Sachsen mahnte eine Leipziger Apothekerin wegen unzulässiger Gesundheitsversprechen im Zusammenhang mit der Werbung für Kurkuma ab.

Auf ihrer Website war unter dem Titel „Krebszellen mögen kein Kurkuma“ Folgendes zu lesen: „Die übliche Therapie bei folgenden Krankheiten sind Kortikoide: chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), akutes Atemnotsyndrom (ARDS), akut-inflammatorische Lungenerkrankung (ALI) und allergisches Asthma. Kurkumin konnte hier durch sein stark entzündungshemmendes Potential Kortikoide ganz oder teilweise ersetzen.“

Auch das Verteilen einer Gewürzprobe nahmen die Experten der Verbraucherzentrale der Apothekerin übel. Sie hatte sie zusammen mit einem Flyer verteilt, in dem Kurkuma nicht nur als Gewürz bezeichnet wurde, sondern auch als Wirkstoff, der vor Erkrankungen wie Alzheimer und Krebs schützen soll. „Die Verbraucherzentrale hält derartige Werbeversprechen für wettbewerbswidrig und bewertet diese als Verbrauchertäuschung“, teilte sie damals mit. Die Inhaberin der Elster-Apotheke wurde aufgefordert, solche Behauptungen für ein Lebensmittel in Zukunft zu unterlassen. Sie zeigte sich einsichtig und gab an, dass sie nur zur Aufklärung der Patienten hatte beitragen wollen.

Die Experten von Trusted Shops fanden im Rahmen ihrer Studie heraus, dass sich der Ärger der Abgemahnten nicht gegen das Instrument der Abmahnung, sondern die Vorgehensweise sogenannter Abmahnvereine richtet. „Die gängige Praxis einiger Abmahnvereine dient weniger dem fairen Wettbewerb als vielmehr wirtschaftlichen Eigeninteressen“, sagt Carsten Föhlisch, Leiter der Rechtsabteilung von Trusted Shops.

Bundesweit mahnen in 51 Prozent der untersuchten Fälle Händler einen Mitbewerber ab, auf Platz zwei folgen in der Rangliste dann die Abmahnvereine. Einer ist besonders eifrig, rund 22 Prozent aller Abmahnungen stammen aus ein und demselben Haus.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer fordert von der Politik Maßnahmen, die die Abmahnmissbräuche eindämmen können. 14 prozent der Onlinehändler sehen ebenfalls den Gesetzgeber in der Pflicht, die Aktivitäten der Abmahnvereine abzustellen. 13 Prozent betrachten es als sinnvoll, die Höhe der Anwaltskosten, die im Rahmen einer Abmahnung fällig werden, per Gesetz zu limitieren.

Auch die häufigsten Abmahngründe listet die Studie auf: Bei 23 Prozent der Abmahnung sind Verstöße gegen das Widerrufsrecht der Anlass. Die Zahl entspricht einem Plus von 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Viele Händler „vergessen“ auf ihren Websites wichtige Details der Widerrufsbelehrungen wie zum Beispiel eine Telefonnummer oder ein Muster-Widerrufsformular. Auch kostenpflichtige Telefonnummern sind in diesem Fall nicht zulässig. Das Fazit des Rechtsabteilungs-Leiters: „Die Studie zeigt, dass die Komplexität der Vorschriften im Online-Handel trotz Musterformulierungen des Gesetzgebers immer noch zu hoch ist. Es ist angebracht, insbesondere die zahlreichen Informationspflichten auf den Prüfstand zu stellen.“

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