Demo gegen Sparmaßnahmen

„Nur Idioten schlachten die Kuh, die die beste Milch gibt!“

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Berlin -

Die Schweizer Apothekerschaft hat mit einer Demonstration in Bern den Startschuss für eine landesweite Petition gegen die Sparvorhaben der Regierung gegeben. Mit einer Kunstaktion wollte der Apothekerverband Pharmasuisse Aufmerksamkeit erregen, um für seine Anliegen zu mobilisieren. Der Start der Petition verlief aus Sicht der Pharmazeuten bereits sehr gut.

„Nur Idioten schlachten die Kuh, die die beste Milch gibt“, sagt Fabian Vaucher. Der Pharmasuisse-Präsident fand sich am Montagmittag mit rund 200 Unterstützern auf dem Berner Bundesplatz ein, um der Politik die Leviten zu lesen. Denn vergangenen Herbst hat der Bundesrat – das Schweizer Pendant zur Bundesregierung – Reformen und Sparmaßnahmen angekündigt, die den Apothekern überhaupt nicht schmecken.

„Mit der geplanten, nicht sachgerechten Reduktion des Vertriebsanteils, der Einführung eines zerstörerischen Referenzpreissystems und weiteren Kahlschlägen trifft er nicht nur Apotheken, Hausärzte und die Pflege empfindlich, sondern auch jene, die am dringendsten Unterstützung benötigen: Menschen mit chronischen, mehrfachen oder akuten Erkrankungen“, so Vaucher. „Einmal mehr werden so die Leidenden zu den Leidtragenden.“

Um Vaucher herum war es dabei weiß – nicht des Wetters wegen, sondern weil der Verband alle Apothekenmitarbeiter aufgerufen hatte, in weißen Kitteln zu erscheinen. „Das hat sehr schön ausgesehen, wenn die Sonne darauf geschienen hat“, sagt eine Sprecherin des Verbands. Ein Blickfang war die Demo aber nicht nur wegen der einheitlichen Kleidung, sondern auch wegen des vier Meter hohen Holzkreuzes. Das grüne Kreuz entspricht in der Schweiz dem roten Apotheken-A in Deutschland. Ein Künstler hatte es mit Begriffen besprüht, mit denen sich die Apotheker brüsten: „wohnortnah“, „persönlich“, „Beratung und Betreuung“ sowie „Hilfe ohne Voranmeldung“.

Dem Kreuz war allerdings kein langes Leben vergönnt. Unter Pfiffen und Buhrufen wurde es von mehreren Maskierten in einem Müllcontainer entsorgt – eine recht grobe Metapher für die Gesundheitspolitik der Regierung. „Wir alle wissen, dass uns nicht mehr Geld zur Verfügung stehen wird. Es gilt also, die kostensparenden Akteure zu stärken und das grüne Kreuz auf den Müll zu werfen!“, fordert Vaucher. Der Apotheker und Verwaltungsrat bei TopPharm beteuerte, dass sich die Branche entgegen des Eindrucks nicht verschließe: „Apotheker sind an vorderster Front dabei, wenn es um zielführende Reformen geht.“

Die Apotheker seien bereit, „sämtliche Prozesse hin zu einer hochwirksamen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im Sprint- und dort, wo nötig, auch im Marathonmodus anzugehen“. Allerdings, so Vaucher, müssten dies sinnvolle Maßnahmen sein, die nachhaltige Kosteneinsparungen bringen und nicht zulasten der Bevölkerung gehen. Derzeit ließen die Behörden jedoch „dem Rotstift freien Lauf und den gesunden Menschenverstand außen vor“.

Ziel der Demo war es, Öffentlichkeit zu generieren, für die nun lancierte Petition gegen die „politischen Schnellschüsse, die die medizinische Grundversorgung gefährden“. 200.000 Unterschriften sollen bis Ende Mai eingesammelt werden. Bereits vor dem offiziellen Beginn der Petition sind 12.000 Unterschriften eingegangen. „Ich denke, das ist ein gelungener Start und wir sind sehr zuversichtlich, dass die Bevölkerung hinter uns steht und wir die 200.0000 Unterschriften erreichen“, so eine Pharmasuisse-Sprecherin.

Auch Vertreter der Politik kamen, darunter die ehemalige Generalsekretärin der Christlich-Demokratischen Volkspartei (CVP), Beatrice Weretli, und die FDP-Politikerin Martina Sigg, die selbst eine inhabergeführte Dorf-Apotheke im Aargau hat. „Sie ist mit Leib und Seele Apothekerin“, so die Pharmasuisse-Sprecherin. Beiden Politikerinnen werden Ambitionen und gute Chancen nachgesagt, nach den Wahlen im Herbst in den Nationalrat, das Schweizer Parlament, einzuziehen.

Der Zorn der Apotheker entzündet sich vor allem an zwei vom Bundesrat geplanten Maßnahmen, namentlich der Reduktion des Vertriebsanteils und der Einführung eines Referenzpreissystems für Generika. „Diese wirren Schnellschüsse missachten den Willen der Bevölkerung für hochwertige Gesundheitsangebote und bedrohen die Existenz der Grundversorger“, beklagt der Verband. Rund 20 Prozent der Apotheken seien bereits in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Rund 1500 Apotheken sind in Pharmasuisse organisiert.

Bisher gibt es in der Schweiz sechs Preisklassen, in denen der Fixzuschlag von 4 bis 240 Schweizer Franken (3,65 bis 214 Euro) und der Prozentzuschlag von 12 bis 0 Prozent gestaffelt sind. Pharmasuisse will diese Preisklassen abschaffen und stattdessen für jede Rx-Packung einen Fixzuschlag von 14,85 Schweizer Franken (13,22 Euro) und ein Prozentzuschlag von 3 Prozent des Fabrikabgabepreises einführen. Dieser kombinierte Zuschlag soll bei 300 Schweizer Franken gedeckelt werden. „Wir möchten, dass die Apotheker nicht für den Preis eines Medikaments entlohnt werden, sondern für die Beratungsleistung“, so die Verbandssprecherin.

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