Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Das Anti-Abmahn-Gesetz in der Kritik

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Berlin -

Die Regierung will gegen den Volkssport Abmahnungen vorgehen und plant ein Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs. Der Referentenentwurf sieht unter anderem vor, dass sich potenzielle Abmahnvereine ordentlich registrieren müssen und man nicht für jede Kleinigkeit Abmahngebühren kassieren darf. Klingt gut, doch der Teufel steckt wie immer im Detail. In ihren Stellungnahmen warnen sowohl die ABDA als auch die Wettbewerbszentrale vor neuen Unsicherheiten.

Die ABDA ist dem Gesetzentwurf gegenüber zwar grundsätzlich positiv eingestellt, betont aber die Bedeutung wettbewerbsrechtlicher Verfahren für die Apothekerkammern und -verbände, die selbst gegen unlauteres Verhalten im Markt vorgehen wollen. Und hier befürchtet die ABDA Einschränkungen. Der Referentenentwurf sieht eine Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände vor. Hier müssten sich auch die Apothekerorganisationen eintragen, um Abmahnungen auszusprechen. Die Vorgabe, dass es sich bei den Wirtschaftsverbänden um eingetragene Vereine handeln muss, schließt etwa die Apothekerkammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts aus.

Heute sind die Kammern der freien Berufe klagebefugt und anspruchsberechtigt, abgesegnet vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2004. „Ausschlaggebend war vor allem die Überlegung, dass Verstöße gegen Berufspflichten häufig einen wettbewerblichen Bezug haben, weil sie andere Marktteilnehmer benachteiligen“, zitiert die ABDA aus der Karlsruher Entscheidung. Die Untersagungsverfügung ist demnach im Verhältnis zu Belehrung, Rüge oder Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens das schnellere Mittel. Die ABDA regt an, die Kammern der freien Berufe explizit aufzunehmen.

Überhaupt hält es die ABDA für überflüssig, dass sich die Apothekerverbände registrieren müssen, da der Gesetzgeber diesen schon weitreichende Befugnisse eingeräumt habe, etwa den Abschluss von Lieferverträgen. Die Liste soll es laut der Begründung im Entwurf geben, damit die Gerichte nicht erst umständlich prüfen müssen, ob ein Verband klageberechtigt ist. Davon kann man aus Sicht der ABDA bei Verbänden mit besonderen Aufgaben ausgehen, weshalb sich die Apotheker hier eine entsprechende Klarstellung wünschen.

Der Entwurf sieht auch vor, dass die Abmahnkosten bei unerheblichen Zuwiderhandlungen nicht erstattet werden müssen. Die Idee findet man bei der ABDA gut, befürchtet aber eine gewisse Unschärfe: „Gerade im Hinblick auf etwaige datenschutzrechtliche Verstöße, die unter Umständen auch wettbewerbsrechtlich verfolgt werden können, lassen sich die Schwere, das Ausmaß und die Folgen der Zuwiderhandlung für Verbraucher, sonstige Marktteilnehmer und Mitbewerber häufig nur schwer generalisierend bewerten.“

Die ABDA hat sich in ihrer Stellungnahme auch zum Regelungsbedarf für die Abmahnung von Datenschutzverstößen geäußert: Demnach liegen aber aktuell keine Hinweise dafür vor, dass es im Bereich der Apotheken in größerem Umfang zu missbräuchlichen Abmahnungen in diesem Bereich kommt. Mit Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai waren Massenabmahnungen in diesem Bereich befürchtet worden.

Auch die Wettbewerbszentrale freut sich über den Vorstoß, „das Problem des Abmahnunwesens eindämmen zu wollen“. Aber auch hier gibt es die Sorge, dass das Thema „Abmahnmissbrauch“ auch weiterhin auf der Agenda gerade von kleineren Onlinehändlern bleibt. „Gleichzeitig wird es im Bereich der Rechtsdurchsetzung durch seriöse Anspruchsteller – auch bei krassen Wettbewerbsverletzungen durch große Player – zu nicht sachgerechten Beeinträchtigungen kommen.“

Dr. Reiner Münker, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, befürchtet zahlreiche Prozesse um die Auslegung der vielen unbestimmten Vorschriften und Rechtsbegriffe. Die Bekämpfung des Abmahnunwesens verliere sich so wieder im Streit ums Klein-Klein vor Gericht.

So gebe es beispielsweise keine wirklich deutliche Verbesserung der Rechtslage im Bereich missbräuchlicher Abmahnungen durch unseriöse oder nur scheinbare Mitbewerber. Auf diesen Bereich entfalle aber nach allgemeinen Erkenntnissen der Löwenanteil missbräuchlicher Abmahnungen. „Der kleine abgemahnte Onlinehändler muss weiterhin die nötigen Fakten zusammentragen und Prozessrisiken eingehen, wenn er sich gegen missbräuchliche Abmahnungen wehren will“, so die Wettbewerbszentrale.

Unseriöse Abmahner betätigen sich Münker zufolge fast ausschließlich im Onlinehandel und suchen sich dabei einfachste Verstöße gegen bestimmte Kennzeichnungs- und Informationspflichten. Die Wettbewerbszentrale schlägt daher ein einfaches, zweigliedriges Lösungskonzept vor: Verbände sollen nur noch nach staatlicher Prüfung und Eintragung in eine beim Bundesamt für Justiz geführten Liste klagebefugt sein. Die Eintragung soll nur bei Erfüllung strenger Kriterien erfolgen.

Und Mitbewerber sollen gar nicht mehr klagen dürfen, sofern es um Verstöße gegen bestimmte formale Kennzeichnungs- und Informationspflichten geht. Diese sollten laut Wettbewerbszentrale in einer Liste im Anhang zum Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) definiert werden. In allen anderen Fällen, bei denen es nicht um kleine Formalverstöße im Internet geht, sollen dann auch weiterhin Mitbewerber abmahnbefugt bleiben.

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