Phytopräparate

Kava wieder verkehrsfähig

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Berlin -

Comeback mit Verspätung: Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu verpflichtet, Kava-haltige Präparate wieder verkehrsfähig zu melden. Allerdings soll über Sicherheitsauflagen noch entschieden werden.

Mit der Entscheidung wurde das BfArM dazu verpflichtet, die bereits im Februar 2015 per Gerichtsbeschluss wieder für gültig erklärten Zulassungen rückwirkend zum 14. November als verkehrsfähig zu melden. Die erste Hürde für die Markteinführung der Kava-haltigen Arzneimittel ist somit genommen.

Im Streit um Kava-haltige Arzneimittel blicken das BfArM und die Zulassungsinhaber auf eine lange Geschichte zurück. Alles begann im Jahr 2001, als die Behörde wegen des Verdachts auf Schädigungen der Leber ein Stufenplanverfahren eröffnete. Nur knapp ein halbes Jahr später wurden am 14. Juni 2001 alle Zulassungen widerrufen, obwohl als risikominimierende Maßnahme bereits eine Verschreibungspflicht beschlossen worden war. In diesem Zusammenhang protokollierte die Kommission E im Juli 2002 Empfehlungen für minderschwere Maßnahmen, die zur Risikominimierung hätten ergriffen werden können. Darauf folgte ein nicht enden wollender Streit in Form zahlreicher Widerrufe seitens des BfArM und Widersprüche auf Herstellerseite.

Im Juni 2014 hob das VG Köln den Widerruf der Zulassung auf, das BfArM ging in Berufung. Doch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigte 2015 das Urteil der Kölner Richter und erklärte die von der Kommission E vorgeschlagenen Maßnahmen für ausreichend. Daraufhin ordnete das BfArM einen Sofortvollzug der Empfehlungen an – ein Stolperstein für die Hersteller. Das Expertengremium hatte eine wöchentliche Überprüfung der Leberwerte zur Risikominimierung vorgeschlagen – was die Vermarktung unmöglich machte.

Die Hersteller legten Widerspruch ein und kritisierten die Unverhältnismäßigkeit gegenüber anderen Arzneimitteln mit ähnlichen leberschädigenden Risiken. Die Forderungen aus dem Jahr 2002 entsprächen nicht dem aktuellen Kenntnisstand und seien somit nicht zu rechtfertigen, hieß es. Das BfArM wies jedoch die Vorwürfe zurück. Auch ein Vergleich zu Pelargonium komme nicht in Frage, schließlich seien die Fälle im Vergleich zu Kava weniger schwerwiegend gewesen. Für den Umckaloabo-Wirkstoff wurde lediglich ein Box-Warning festgelegt. Das BfArM bewertete den Nutzen von Kava-haltigen Arzneimitteln mangels Nachweis der Wirksamkeit als negativ – ein Argument, das in den vorangegangenen Verfahren nicht vorgetragen worden war.

Die Richter zogen in der jüngsten Verhandlung im Oktober die Packungsbeilage von Ergenyl 500 Chrono (Valproinsäure, Sanofi) heran. Für den Arzneistoff sind Leberschädigungen als häufige und dosisunabhängige schwerwiegende, bis tödlich verlaufende unerwünschte Arzneimittelwirkung aufgeführt. Als vorbeugende Maßnahme wird eine Kontrolle der Leberwerte zu Therapiebeginn und nach vier Wochen empfohlen. Klinisch auffällige Patienten mit erhöhten Leberwerten sollten eine Verlaufskontrolle dreimal im Abstand von zwei Wochen, gefolgt von einmal im Monat bis zum sechsten Behandlungsmonat erhalten. Im Vergleich zu Kava sind das geringere Maßnahmen bei höherem Risikoprofil, so die Richter. Der Vorschlag der wöchentlichen Leberwertkontrollen seitens der Kommission E sei somit nicht sachgerecht und schieße weit über das Ziel hinaus.

Weil die Vorgaben aus dem Jahr 2002 nicht dem heutigen Stand der Wissenschaft entsprechen, soll die an das BfArM gekoppelte Expertengruppe laut Gerichtsbeschluss bei ihrer nächsten Tagung im Februar die Situation der Kava-Präparate neu bewerten. Das BfArM habe zudem in seiner Bewertung vor 15 Jahren keine Zusammenhänge zwischen acetonischem und ethanolischem Extrakt sowie zwischen Noble und Twoday-Kava betrachtet, so die Kritik.

Die Firmen haben aktuelle Studien zu Kava, die sie jedoch über das BfArM einreichen müssen. Für die Unternehmen ist dies eine zwielichtige Situation. Sie können nur darauf hoffen, dass die Behörde die Unterlagen an das Expertengremium weiterleitet. Eine Hoffnung gibt es jedoch, auch diese Hürde zu nehmen: Das Gericht behält sich vor, die an die Kommission E gestellten Fragen zu ergänzen und modifizieren.

Das BfArM hat inzwischen Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, was jedoch keine aufschiebende Wirkung hat. Die Verkehrsfähigkeit ist bis heute trotz des eindeutigen Gerichtsbeschlusses nicht eingetragen. Auch wenn vom Gericht keine Frist festgesetzt ist, muss die Behörde den Beschluss zeitah umsetzen.

Um die Jahrtausendwende wurden mit Kava-Präparaten rund 35 Millionen D-Mark im Jahr umgesetzt. Marktführer war Krewel Meuselbach, gefolgt von Müller Göppingen und Schwabe. Die übrigen Hersteller setzten mit ihren Präparaten rund 1 Million D-Mark um.

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