Amazon Prime Now

Die Achillesferse des Bienen-Projekts?

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Berlin -

Seit dem ersten verschickten Päckchen wird die Kooperation zwischen der Bienen-Apotheke in München und Amazon Prime Now kritisch beäugt. Jetzt glauben zwei Kollegen aus der Landeshauptstadt, rechtliche Schwachstellen in dem Konzept entdeckt zu haben. Nach einem Testkauf haben sie die Aufsichtsbehörde eingeschaltet.

Amazon-Kunden können im Expressdienst „Prime Now“ bei der Bienen-Apotheke Laimer Platzvon Michael Grintz OTC-Medikamente und apothekenexklusive Freiwahlprodukte bestellen. Der Auftrag kommt über eine App in die Apotheke. Für die Konfektionierung der Sendung hat die Apotheke eine Viertelstunde Zeit, dann kommt der Fahrer von Amazon. Die Lieferung innerhalb einer Stunde kostet den Kunden 6,99 Euro, innerhalb eines anderen frei wählbaren 2-Stunden-Zeitfensters ist die Zustellung für Prime-Mitglieder kostenlos.

Wie viel Grintz Amazon für den Service bezahlt, verrät er nicht. Jedenfalls sei er vollkommen unabhängig vom Konzern – sowohl bei der Preisgestaltung als auch bei der der Auswahl des verfügbaren Sortiments und natürlich bei jeder pharmazeutischen Tätigkeit.

Unabhängig von den unter Verschluss gehaltenen Verträgen zwischen Amazon und dem Apotheker haben die Münchener Kollegen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Konzepts. Denn Grintz verstoße unter anderem gegen die Auflagen seiner Versandhandelserlaubnis, wie ein Testkauf belegt habe. Denn ein erfolgloser Zustellversuch führte im Testkauf zu einer Stornierung des Auftrags. Laut dem Versandparagrafen im Apothekengesetz (ApoG) müssen Apotheken sicherstellen, dass „eine kostenlose Zweitzustellung veranlasst wird“.

Einer der Apotheker ließ seinen Anwalt ein sehr ernstes Schreiben an das Kreisverwaltungsamt der Stadt München verfassen. Ob Grintz ebenfalls eine Versanderlaubnis erteilt worden sei und diese die gewohnte Auflagen beinhalte, also auch die kostenlose Zweitzustellung, wollte der Apotheker wissen. Und wie die Aufsichtsbehörde in diesem Fall gegen den offensichtlichen Verstoß gegen die Auflage vorgehen werde.

Das Kreisverwaltungsamt wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Fall äußern, der aber immerhin zur Prüfung angenommen wurde. Der Apotheker erwägt – unabhängig von einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde – selbst juristisch gegen das Konzept vorzugehen. Dazu könnte er Grintz wettbewerbsrechtlich verklagen.

Aus Sicht des Apothekers und seines Kollegen ist die Sache mit der Zweitzustellung nicht das einzige Problem des Gespanns Prime Now und Bienen-Apotheke. Denn beim Testkauf habe Grintz trotz mehrfacher Nachfrage keine Quittung ausgestellt. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass eigentlich Amazon als Verkäufer auftrete. Der Hinweis „im Angebot von Amazon“ erwecke zumindest diesen Eindruck. „Damit würde es zudem zu einem Arzneimittelverkauf durch einen Nicht-Apotheker kommen“, moniert der Kollege aus München.

Auf den Detailseiten der Produkte heißt es allerdings stets: „Verkauf und Versand durch Bienen-Apotheke.“ Bei anderen dokumentierten Bestellungen war auch sehr wohl ein Bon enthalten, mit Grintz' Umsatzsteuernummer. Doch die Trennung dürfte für Verbraucher teilweise etwas unscharf sein. So macht die Produktbewertung eines Nutzers stutzig, der Anfang des Jahres Aspirin Plus C über Prime Now gekauft hatte.

Ende Januar hatte Bayer in einer zweiten Welle mehrere Chargen zurückgerufen, weil vereinzelt Undichtigkeiten bei der Verpackung aufgetreten waren. Amazon kommunizierte dies gegenüber dem Kunden selbst: Man sei bezüglich der Nutzung des Artikels informiert worden, dass „Sicherheitsbedenken aufgrund der Gefahr von einem möglichen Produktfehler bestehen“ könnten. Falls der Artikel ein Geschenk gewesen sei, möge der Nutzer bitte den Beschenkten entsprechend informieren. „Ihre Sicherheit hat bei uns oberste Priorität und wir bedauern den Vorfall sehr“, so der Kundenservice von Amazon.

Ferner kritisiert der Münchener Kollege noch, dass auf den Internetseiten des DIMDI nicht angegeben ist, dass die Bienen-Apotheke auch über Amazon und die Versendungsform Prime Now erfolge. Das Arzneimittelgesetz (AMG) sehe dagegen vor, dass ein Versender der zuständigen Behörde vorab die Adresse jedes Internetportals einschließlich aller Angaben zu deren Identifizierung anzeigen müsse. Nachträgliche Änderungen seien ebenfalls zu melden.

Weder der zuständige Pharmazierat noch die Aufsichtsbehörde wollen derzeit Angaben zu dem Fall machen. Die Bayerische Landesapothekerkammer würde ohnehin auf eine Entscheidung des Kreisverwaltungsamts warten, bevor sie selbst aktiv wird. Grintz war für Rückfragen bislang nicht zu erreichen.

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