Karrieren

Außendienst statt HV

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Berlin -

Nach sieben Jahren Apotheke muss doch noch was kommen: PTA Nicole Weichmann hat ihren Weg gemacht und ist im Außendienst angekommen. Auch wenn sie den HV vermisst, will die PTA momentan nicht zurück.

Die Liebe zur Apotheke entdeckte Weichmann während eines zweiwöchigen Betriebspraktikums in einer Apotheke in Siebenlehn im Landkreis Mittelsachsen. Den Einstieg in die Apothekenwelt ebnete die Ausbildung zur PKA. „Die PTA-Ausbildung wäre mir damals zu schwer gewesen. Das war so viel Chemie. Ich wollte mich nicht soviel hinter die Bücher klemmen.“ Und so verließ die damals 16-Jährige ihre Heimat und zog in das von München etwa 25 Kilometer entfernte Fürstenfeldbruck. Hier lebte die Großcousine und so war schnell eine Lehrstelle gefunden.

Schon bald wurde die junge Frau von Heimweh geplagt. Und so setzte sie Himmel und Hölle in Bewegung, um schnellstmöglich in die 450 Kilometer entfernte Heimat zurückzukehren. Nach vielen Telefonaten war es geschafft. Weichmann durfte vom ersten in das dritte Lehrjahr wechseln und die PKA-Ausbildung um ein Jahr verkürzen.

Mit dem Abschluss in der Tasche waren Wille und Biss da, doch noch die PTA-Ausbildung anzugehen. Weichmann hatte sich einen Platz auf der Warteliste gesichert, glücklicherweise rief die PTA-Schule aus Chemnitz jetzt tatsächlich an. Weichmann musste schnell feststellen: „Der Anspruch war höher als auf der PKA-Schule. Die erste Note, die ich kassierte, war eine fünf.“ Das sei sie nicht gewohnt gewesen, aber dann sei es immer besser gelaufen. „Ich habe die Ausbildung gut geschafft und schnell eine Stelle in Freiberg gefunden.“

Sieben Jahre arbeitete die junge Frau in der Pluspunkt-Apotheke. „Die Arbeit machte mir ganz viel Spaß, aber irgendwann passierte nichts mehr. Es gibt als PTA in der Apotheke irgendwann kein Weiterkommen mehr. Wenn man jung, dynamisch und wissbegierig ist, muss noch irgendwas kommen.“ Der Wendepunkt in Weichmanns beruflicher Karriere war gekommen. Nach einer Schulung kam Weichmann mit der Trainerin ins Gespräch. Und so bekam sie den Tipp, sich für ein neues Projekt im Außendienst zu bewerben. „Ich bin offen und kommunikativ, daher konnte ich mir einen Wechsel in den Außendienst gut vorstellen.“

Gesagt, getan. Weichmann hängte den Kittel an den Nagel und war für die POS-Berater unterwegs. Ein Jahr lang schulte sie Apothekenteams zu Hexal-Produkten. Anschließend wechselte Weichmann für ein Jahr in den Arzt-Außendienst von Pierre Fabre. „Ich war seit 2002 in der Apotheke, mein Herz schlägt für die Apotheken und ich freute mich, als sich eine ehemalige Kollegin meldete und mich auf eine Stelle im Apothekenaußendienst von Hexal aufmerksam machte. Ein Kollege ging in Rente und sein Gebiet sollte neu besetzt werden.“

Nach vielen Vorstellungsrunden bekam Weichmann den Zuschlag und so trat sie am 1. März 2017 ihre neue Stelle an. „Ich fühle mich extrem wohl, auch wenn ich den HV vermisse.“ Weichmann ist eine von 65 Außendienstlern, die für den Konzern im Einsatz sind. Das Gebiet Ost teilt sie sich mit etwa 14 Kollegen. „Wir sind ein tolles Team und halten eng zusammen. Die Kollegen haben mich gut aufgenommen.“

Zu ihrem Gebiet gehören unter anderem Bautzen, Dresden, Görlitz, Lauchhammer, Senftenberg und Zittau. Sie kümmert sich um Sell-in und Sell-out, die Abwicklung von Retouren und die Umsetzung von Marketingaktionen. Beinahe jeder erinnert sich an den Schleimer aus dem vergangenen Jahr. „Eine Apotheke fragte mich, warum ich denn alleine komme. Ich hätte doch den Schleimer mitbringen sollen“, erzählt Weichmann. Eine Aktion, die Wellen schlug.

Einen Großteil der Zeit verbringt die PTA auf der Straße. Pro Monat reißt Weichmann etwa 4000 Kilometer ab. Eine Zeit, die genutzt werden will. „Das Auto ist meine Telefonzentrale. Ich telefoniere viel mit Kunden und kann so die Zeit effektiv nutzen.“ Stau und Verspätungen bleiben da nicht aus, aber Weichmann hat Glück. „Ich habe viele nette Kunden in meinem Gebiet, die verständnisvoll sind. Gemeinsam arbeiten wir sehr lösungsorientiert.“

Beim Planen der Routen und der Besuche hilft ein Computerprogramm, das sich am Besuchszyklus orientiert. Dennoch gilt es, sich selbst zu organisieren – auch wenn es Besuchsvorgaben gibt. Eine Umstellung zum Apothekenalltag, die Weichmann jedoch dank des Vertrauensvorschusses viel Flexibilität bringt. „Ich bin mein eigener Chef, genieße viele Freiheiten und kann effektiv und diszipliniert arbeiten.“ Zudem ist der Job mit der Familie leichter zu vereinbaren. Spätdienste und Wochenendarbeit fallen weg und der Verdienst ist besser. „Apothekenangestellte haben viel Verantwortung, aber werden nur schlecht bezahlt“, findet Weichmann.

Aber es gibt auch eine Schattenseite: „Wenn ich von der Tour nach Hause komme, habe ich noch nicht frei. Ich bin täglich noch etwa zwei Stunden am Laptop beschäftigt. Wenn ich in der Apotheke Feierabend hatte, habe ich keine Arbeit mit nach Hause gebracht.“ Weichmann hat im Haus ein kleines Arbeitszimmer. Dennoch ist die Trennung schwer: „Die Kinder haben nicht immer Verständnis dafür, wenn ich abends noch arbeiten muss und nicht frei habe.“

Dank der PTA-Ausbildung hat Weichmann das nötige Grundwissen, um im Außendienst zu bestehen und sich in die Apotheken hinein zu versetzen. Dank der Vorbereitung von Hexal hat sie die nötigen Fähigkeiten, die Apotheken gut zu betreuen. Weichmann ist angekommen – und wer weiß: Vielleicht schlüpft sie irgendwann doch zurück in den Kittel.

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