Lieferengpässe

BMG: Kein Plan, aber viele Ideen

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Berlin -

Die Bundesregierung hat zwar keinen genauen Überblick über die seit Monaten grassierenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln, prüft aber neue Maßnahmen dagegen. Das ist, sehr verkürzt, die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Anfrage der Linksfraktion. Die Abgeordnete Sylvia Gabelmann und die Mitstreiter ihrer Fraktion hatten nach den negativen Auswirkungen von Lieferengpässen gefragt – für die Patienten und für die Apotheken.

Die Linke hatte Zahlen der ABDA zitiert, wonach sich die Zahl der nicht verfügbaren Rabattarzneimittel von 4,7 Millionen Packungen im Jahr 2017 auf 9,3 Millionen im Folgejahr verdoppelt habe. Der Austausch eines wirkstoffgleichen Präparats sei die Folge, oft nicht unproblematisch für die Patienten – mit Blick auf deren Gesundheit oder auch nur den Geldbeutel. Für die Apotheken sieht die Linke das Risiko, dass sie auf den Kosten der ausgetauschten Medikamente sitzenbleiben, wenn der Engpass nicht lückenlos nachgewiesen werden kann. Andererseits hätten die Kassen ihrerseits Mehrausgaben, wenn ein teureres Präparat abgegeben werden muss.

Auf eine ganze Reihe konkreter Fragen der Linken geht die Regierung nicht im Detail ein, sondern verweist auf die allgemeinen Ausführungen in der Vorbemerkung: Bei wie vielen Verordnungen es 2019 sowie in den vorangegangenen fünf Jahren zu Lieferschwierigkeiten kam, wie viele Präparate betroffen waren, wie oft in diesem Zeitraum aufgrund von Engpässen ein Austausch des Präparats erforderlich wurde oder Mehrkosten anfielen? Das BMG hat hierzu keine detaillierten Erkenntnisse.

Die Linke hätte auch gerne gewusst, welche finanziellen Konsequenzen das Problem für die Apotheken hat, Stichwort Retaxationen, und welche Kosten den Apotheken durch aufwändige Recherche nach Therapiealternativen entstanden sind. Das BMG verweist wieder nur auf die Vorbemerkung, in der immerhin eingestanden wird, dass das „pharmazeutische Management von Lieferengpässen in der Apotheke […] anspruchsvoll und aufwendig“ sei, da es die Kommunikation mit Ärzten, Großhändlern und Krankenkassen sowie dem Patienten beinhalte.

Mit Blick auf die Patienten hatte die Linke nach deren gesundheitlichen Gefährdung beim Austausch gegen ein wirkstoffgleiches Präparat gefragt: Die Regierung verweist auf die entsprechende Therapieempfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften in der Verantwortung des behandelnden Arztes. „Bei wenigen Arzneimitteln (z. B. solchen mit einer engen therapeutischen Breite) kann der Austausch durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten zeigen“, ist man im Ministerium überzeugt.

Wie oft ein „möglicherweise riskanter Austausch“ eines Medikaments von der Substitutionsausschlussliste „wegen Lieferschwierigkeiten dennoch vorgenommen werden“ musste – auch darauf erhält die Linke keine richtige Antwort. Dasselbe gilt für in diesem Zusammenhang entstandene gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Gefährdungen.

Weil man diese Schweigsamkeit in der Linksfraktion offenbar antizipiert hat, wurde gleich mitgefragt, welche Maßnahmen die Bundesregierung plant, um diese durch Lieferengpässe hervorgerufenen gesundheitlichen Belastungen und Schädigungen von Patienten zu erfassen. Die Antwort wie oben: In den meisten Fällen gebe es ja Alternativen. Derzeit werde geprüft, welche Maßnahmen geeignet sein könnten, Lieferengpässen bei Arzneimitteln noch besser zu begegnen.

Grundsätzlich sieht die Bundesregierung mehrere Ursachen für bestehende Lieferengpässe: „Globale Lieferketten mit einer Konzentration auf wenige Herstellungsstätten“, aber auch „Qualitätsmängel bei der Herstellung“ sowie „Produktions- und Lieferverzögerungen bei Rohstoffen“ seien mögliche Gründe, heißt es in der Einleitung. Und teilweise sei es auch die Entscheidung eines Herstellers, ein Produkt vom Markt zu nehmen.

Das BMG verweist außerdem auf die Engpass-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und betont, dass Lieferengpässe nicht mit therapeutisch relevanten Versorgungsengpässen gleichzusetzen seien. Oftmals stünden nämlich alternative Präparate zur Verfügung, eine differenzierte Betrachtung sei daher erforderlich. Für die Regierung stellen sich zwei Aufgaben: Lieferengpässe zu vermeiden und mit auftretenden Lieferengpässen bestmöglich umzugehen.

Mit dem Jour fixe zum Thema sieht sich das BMG auf einem guten Weg: „Durch entsprechende Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften zur indikationsbezogenen Einschränkung der Anwendung konnten beispielsweise Auswirkungen der Lieferengpässe bei Melphalan, Remifentanil oder Piperacillin/Tazobactam abgemildert werden.“

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