„Kaum Angebot am Markt“

Fresenius legt große Übernahmen auf Eis

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Berlin -

Der Medizinkonzern Fresenius erwartet vorerst keine größeren Übernahmen. Nach dem geplatzten Milliardenzukauf des US-Herstellers Akorn 2018 sieht CEO Stephan Sturm aktuell wenig Gelegenheiten für einen ähnlich großen Deal. „Dies liegt aber nicht an unserer Bereitschaft, sondern am Angebot.“

Denn nach der abgesagten Übernahme von Akorn gebe es auf dem Markt derzeit kaum passende Anbieter, sagte Sturm vor der Hauptversammlung von Fresenius an diesem Freitag in Frankfurt. „Wir werden deshalb eher einzelne Medikamente oder kleinere Portfolios erwerben.“ Ausschließen wolle er größere Übernahmen aber nicht, betonte Sturm.

Der Dax-Konzern, der Privatkliniken betreibt, Infusionen verkauft und Dialysezentren betreibt, ist in den vergangenen Jahren stark auch über große Übernahmen gewachsen. So kaufte Fresenius 2017 die spanische Klinikkette Quirónsalud für gut 5,7 Milliarden Euro sowie das Biosimilar-Portfolio von Merck aus Darmstadt. Jüngst schloss Fresenius die 1,7 Milliarden Euro schwere Übernahme des US-Medizintechnikkonzern NxStage ab, um vom Trend zur Heimdialyse bei Nierenpatienten zu profitieren.

Der 4,4 Milliarden Euro schwere Akorn-Deal aber hatte Fresenius 2018 in Turbulenzen gestürzt. Bei den Amerikanern kamen manipulierte Medikamententests ans Licht; Fresenius konnte die Übernahme vor Gericht abwenden. Obendrein liefen die Geschäfte in Kliniken und mit Nierenpatienten nicht mehr rund. Sturm musste 2018 binnen weniger Monate zweimal die Gewinnziele korrigieren – die Fresenius-Aktie brach in der Spitze um mehr als 40 Prozent ein.

Nun gehe es darum, das Vertrauen bei Investoren zurückzugewinnen, sagte Sturm. Die Prognosesenkung sei für Fresenius „etwas Neues“ gewesen – „und soll etwas Einmaliges bleiben.“

Nach einer Serie von Rekordjahren hat Fresenius 2019 zum „Investitionsjahr“ ausgerufen. Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro sollen den Konzern mit gut 280.000 Mitarbeitern zurück zu altem Glanz bringen. Beim Konzerngewinn rechnet Sturm währungsbereinigt mit einer Stagnation. Mittelfristig soll das Ergebnis wieder kräftig wachsen.

Der größte Batzen der Investitionen fließt Sturm zufolge in die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC). Sie treibt die Integration des Heimdialyse-Anbieters NxStage voran und erweitert ihre Kapazitäten im Wachstumsmarkt China. Zudem baut Fresenius in der Flüssigmedizin-Sparte Kabi Produktionskapazitäten in den USA aus.

Der Mangel an Übernahmekandidaten könnte sich für Kabi als Problem erweisen. In der glänzend laufenden Sparte sei ein Zukauf zwar nicht nötig, aber eine weitere Stärkung „durchaus wünschenswert“, sagte Sturm. Dort erlebt Fresenius in den USA anhaltendem Preisdruck. „Eine kontinuierliche Preiserosion liegt in der Natur des Geschäfts mit Nachahmerarznei“, erklärte Sturm. „Volumensteigerungen und der Aufbau zusätzlicher Größe sind ein gutes Rezept dagegen.“

Auch in der Kliniktochter Helios legt Sturm Hand an. Deutschlands größter Krankenhausbetreiber mit 86 Häusern leidet darunter, dass weniger Patienten über Nacht bleiben, sondern ambulant behandelt werden. Fresenius bündelte zudem regional Therapiefelder, was Klinikpersonal verärgerte. Um die Belegschaft zu stärken, will Fresenius dieses Jahr 1000 Pfleger einstellen. 600 seien engagiert.

Die Debatte um höhere Gehälter für Pfleger sieht Sturm gelassen. „Wenn die Vergütung in der Pflege politisch gewollt steigen soll, werden wir uns dem sicher nicht verschließen. Wenn die Gehälter steigen, müssen auch die Krankenkassenbeiträge steigen für höhere Erstattungen.“ Kritik an der Bezahlung bei Helios wies Sturm zurück. „Wir haben uns immer tariftreu verhalten und zahlen marktgerecht.“

Übernahmen von Kliniken fasst Fresenius weiter in Lateinamerika ins Auge. Hierzulande stoße Fresenius an kartellrechtliche Grenzen. Zwar habe Helios nur einen Marktanteil von 6 Prozent im Krankenhausmarkt, in Ballungszentren liege er aber schon deutlich höher. „Übernahmen spielen keine große Rolle für unsere Helios-Pläne in Deutschland.“

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