Wahlradar-Gesundheit

ABDA: „Mutti“ antwortet nicht

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Berlin -

Vor den Bundestagswahlen 2009 und 2013 nutzte Kanzlerin Angela Merkel die Apothekerschaft als Wahlkampfbühne: Der Apotheken Umschau gab sie als auflagenstärkster Zeitschrift der Republik ausführliche Interviews. In diesem Wahlkampf schlägt sie einen Bogen um die Apotheker. Kein Umschau-Interview und auch dem ABDA-Wahlradar-Gesundheit antwortet Merkel nicht. Dafür hat sie persönliche Briefe an Apotheker in ihrem Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern geschrieben.

Nach Angaben von Merkels Bundestagsbüro beantwortet die Kanzlerin Anfragen wie von Wahlradar-Gesundheit aus prinzipiellen Gründen nicht. Sonst müsse man auf zahlreiche solcher Wahl-O-Mat-Formate reagieren, hieß es dort. Das will man nicht. Aber persönlich habe die Bundeskanzlerin einigen Apothekern aus ihrem Wahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I in Briefen geantwortet. Diese hatten sich zuvor mit Fragen an Merkel gewandt. Über den Inhalt bewahrt Merkels Büro Stillschweigen. Das Wahlkreisbüro bestätigt nur, dass man „einen ganzen Stapel“ Briefe an Apotheker abgeschickt habe.

Auch der Apothekerkammer und dem Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern sind Merkels Briefe inhaltlich nicht bekannt. Allerdings hat man davon gehört und dem Vernehmen nach erfahren, dass Merkel in Sachen Apothekenpolitik und Rx-Versandverbot die Linie der Union mitträgt. Was auch sonst? Schließlich haben CDU und CSU das Rx-Versandverbot als alternativlose Antwort auf das EuGH-Urteil ins Wahlprogramm geschrieben. Und die CSU sammelt sogar im Apothekenlager Spenden mit ausdrücklichem Hinweis auf die Unterstützung für die Apotheken.

Was Merkel über die Apotheken denkt, ist sowieso bereits aus den beiden Interviews mit der Apotheken Umschau bekannt: Mit Blick auf die damalige Diskussion über Rabattverträge mahnte Merkel 2013, die Apotheker müssten „mehr von dem tun, was sie am besten können: ihre Kunden vertrauensvoll beraten“. Die Kanzlerin legte ein klares Bekenntnis zur inhabergeführten Apotheke ab. Apothekenketten werde es unter ihrer Führung nicht geben. Die jetzige Form der inhabergeführten Apotheke habe sich aus ihrer Sicht bewährt, so Merkel: „Daran wird die christlich-liberale Bundesregierung nichts ändern. Seit 2004 haben wir die Möglichkeit des Mehrbesitzes, also dass ein Apotheker bis zu vier Apotheken besitzen kann.“

Und schon 2009 zeigte sich Merkel erfreut über den Europäischen Gerichtshof, der im Mai des Jahres das Fremdbesitzverbot für Apotheken in Deutschland bestätigt hatte: „Die Apotheke als Ort für kompetente Beratung wollen wir in Deutschland durchaus weiter haben.“ Sie habe jetzt seit Jahren für die Apotheke, so wie wir sie in Deutschland kennen, gekämpft. „Für uns hat sich das bestehende System bewährt", so Merkel.

Zudem stellte Frau Merkel in der auflagenstarken Apotheken-Kundenzeitschrift die besondere Verantwortung des Apothekers als Heilberufler heraus: „Ich glaube, dass Apotheken auch ein Ort der Prävention sind. Dort können persönliche Ratschläge gegeben werden. Ein individuelles Gespräch zwischen Apotheker und Kunde ist doch für viele ein gewaltiger Unterschied zu der Situation, wo ich ein Päckchen zugesandt bekomme und alleine zu Hause auspacke.“ So ähnlich hat das auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) acht Jahre später formuliert.

Übrigens: Interessant ist, dass dieses Jahr auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf einen Auftritt in der Apotheken Umschau verzichtet. Vor vier Jahren hatte der damalige SPD-Kandidat Peer Steinbrück dort noch „eindeutig ja“ gesagt zur inhabergeführten Apotheker. Das ließ die Apotheker etwas aufatmen, hatte die SPD doch zuvor in einem Leitantrag noch die Liberalisierung des Apothekenmarktes gefordert.

Statt in der Apotheken Umschau tummeln sich Merkel und Schulz wie abgesprochen in diesem Wahlkampf in der ADAC Motorwelt, der Nummer zwei im deutschen Zeitschriftenmarkt. Das ist womöglich dem Diesel-Skandal geschuldet. Der ABDA mit ihrem Wahlradar-Gesundheit bleibt 2017 nur das Nachsehen. Auch SPD-Kanzlerkandidat Schulz hat noch nicht geantwortet, Karl Lauterbach und Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ebenso nicht. Auch Christian Lindner nutzte die Chancen nicht, die Position der FDP zur Aufhebung des Fremdbesitzverbots klarzustellen.

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