Kommentar

ABDA-Präsident Schmidt in auswegloser Mission

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Berlin -

Die heutige Mitgliederversammlung der ABDA findet seit der politischen „Blutgrätsche“ von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter zugespitzten Umständen statt. Die in der von der ABDA vorbereiteten Beschlussvorlagen enthaltenen Forderung, den § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu erhalten, ist politisch überholt. Die ABDA sieht sich in einer ausweglosen Lage: Die Rückkehr zur Rx-Versandverbot-Forderung wäre zwar konsequent, verspricht aber ebensowenig Erfolg wie das Festhalten am AMG. Am Ende könnten die Apotheker mit leeren Händen dastehen. Und wie reagiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf die neue Lage? Farbe bekennen oder Flucht?

Am Dienstagnachmittag hatte Spahn mit Blick auf die heutige Mitgliederversammlung eine Bombe platzen lassen: Die Bundesregierung versicherte der EU-Kommission in einer Stellungnahme, dass die Preisbindung im Arzneimittelgesetz (AMG) gestrichen wird. Damit hat Spahn allen seit Tagen laufenden Versuchen in der ABDA, den § 78 AMG zu retten, eine klare Absage erteilt. Ein Zurück hinter den Brief an die EU-Kommission ist damit ausgeschlossen.

Obwohl die Dreimonatsfrist noch nicht abgelaufen ist, hat die Bundesregierung ihr Antwortschreiben nicht nur fertig, sondern in die Medien lanciert. Darin wird auf den Referentenentwurf für das kürzlich vorgestellte Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken verwiesen, zu dem Ressorts, Länder und Verbände bis zum 7. Mai Stellung nehmen können. „Eine Befassung des Bundeskabinetts mit einem europarechtskonformen Gesetzentwurf soll im Juni 2019 folgen.“ Nach Abschluss der Ressortabstimmung, so verspricht die Bundesregierung, werde der Entwurf „unaufgefordert“ an die EU-Kommission übermittelt. Der Kernsatz aber lautet: „Der Referentenentwurf des BMG enthält die Aufhebung des § 78 Absatz 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz“ – Basta.

Und damit jeder weiß, wie verärgert Spahn über das Hin und Her in der ABDA und ihres Präsidenten Schmidt zu seinen verschiedenen Vorschlägen ist, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) noch eine Botschaft mitgeschickt: „§ 78 wird seit dem EUGH Urteil von 2016 nicht mehr angewendet, also seit über 3 Jahren nicht. Warum einige in der Apothekerschaft so für einen Paragrafen kämpfen, der seit so vielen Jahren rechtlich keine Wirkung mehr entfaltet und auch keine mehr entfalten wird, erschließt sich uns nicht wirklich“, heißt es dort. Im Klartext: Die ABDA und ihre Rechtsexperten suchen nach immer neuen Gründen, Spahns Angebote zu zerfleddern.

Aber welche Optionen hat die ABDA jetzt? In der Beschlussvorlage für die heutige Sitzung hieß es noch: „Die Mitgliederversammlung der ABDA beschließt, in der Stellungnahme der ABDA zum Referentenentwurf eines ‚Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken‘ das Vorhaben der Bundesregierung, mit dem Gesetz die Präsenzapotheken zu stärken, zu begrüßen, aber dies mit der Einschränkung zu verbinden, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis auch für die Arzneimittel gelten soll, die von Apotheken aus dem Ausland an Privatversicherte oder Selbstzahler außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung versendet werden (Verzicht auf die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG).“

Zwar könnte die ABDA an dieser Forderung festhalten, aber politisch macht das wenig Sinn. Andererseits könnte die ABDA zu ihrer Forderung nach einen Rx-Versandverbot zurückkehren. Am 17. Januar beschloss die letzte ABDA-MV, dass die Rx-Versandverbot-Forderung wieder auflebt, falls das Ziel der Gleichpreisigkeit nicht erreicht werden kann. Das ist jetzt der Fall. Das würde allerdings bedeuten, dass die ABDA mit diesem Thema wieder in die anstehenden Wahlkämpfe ziehen und versuchen müsste, die CDU/CSU-Fraktion gegen Spahn in Stellung zu bringen.

Die Aussichten auf Erfolg der Rolle Rückwärts wären gering: Immerhin hat ABDA-Präsident Schmidt selbst in der Zwischenzeit mehrfach eingeräumt, das er keine politischen Mehrheiten für die Durchsetzung eines Rx-Versandverbotes mehr sieht – nicht nur in der SPD, sondern auch in der Union.

Und wie geht es mit ABDA-Präsident Schmidt weiter? Seine Autorität ist angeschlagen: Seit einem Jahr laviert der ABDA-Präsident in der für die Zukunft der Apothekerschaft so entscheidenden Frage, ist vom Rx-Versandverbot abgerückt und hat jetzt keine vertretbare Alternative mehr.

Erst suchte Schmidt die Nähe von Spahn. In zahlreichen Gesprächen wurde der 375 Millionen Euro schwere Plan B vorbereitet. Zweimal stand Schmidt an der Seite von Spahn auf der politischen Bühne: beim DAT in München und in der ABDA-MV am 12. Dezember 2018. Alles nutzte nichts. Schmidt ließ zu, dass Kammern und Verbände Spahns Angebot versenkten – zuerst den Rx-Boni-Deckel und jetzt den § 78 AMG. Aus Sicht von Spahn ist der ABDA-Präsident nicht „tariffähig“. So machen Verhandlungen keinen Sinn.

Bisher hat ABDA-Präsident seine Rolle als Moderator interpretiert. Heute ist er in der Mitgliederversammlung gefordert. Die Fronten sind jetzt klar. Mit Spahn gibt es keinen Konsens mehr. Der ABDA-Präsident muss jetzt Farbe bekennen: Führt Schmidt die ABDA in einen politischen Konflikt mit Spahn und der Union, der nicht zu gewinnen ist oder zieht er Konsequenzen?

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