China

Alibaba: Zukunft ohne Apothekenpersonal

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Berlin -

Telemedizin statt Sprechstunde, Gesichtserkennung statt Personalausweis: Glaubt man Alibaba, dann sieht so das Gesundheitswesen der Zukunft aus. Alipay, eine Tochtergesellschaft des chinesischen Gegenstücks zu Amazon, hat gerade gemeinsam mit einer lokalen Apotheke die erste 24-Stunden-Offizin in der Metropole Zhengzhou eingerichtet.

In der letzten Woche eröffnete Alipay die erste „Future Pharmacy“ in der 9,5 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt der Provinz Henan. Der Dienstleister arbeitet hier mit der Zhangzhongjing-Apotheke zusammen. Die Apotheke erstreckt sich auf 200 Quadratmeter. Im Idealfall wickelt der Patient seine Gesundheitstransaktionen selbstständig ab und braucht dafür kein Apothekenpersonal mehr.

Für die Dienste ist eine Anmeldung bei zwei Alibaba-Diensten erforderlich. Bei Alipay hinterlegt der Patient seine biometrischen Daten und eine Telefonummer. Der Scoring-Dienstleister Sesame Credit überprüft die Kreditwürdigkeit des Patienten.

In Alibabas Vision einer nahen digitalen Zukunft verabredet sich der Patient mit seinem Hausarzt zur Online-Sprechstunde. Mit dem Rezept geht er anschließend in die rund um die Uhr geöffnete Apotheke. Die Gesichtserkennung und Eingabe der Telefonnummer legitimiert den Patienten. Er kann so seine Medikamente über Alipay bezahlen. Für OTC- und Freiwahlprodukte stehen zusätzlich die Geldautomaten der Apotheke bereit.

Sollte der Arzt einen Test auf zusätzliche Indikationen für erforderlich halten, kann der Kunde das entsprechende Gerät gleich ohne Kaution mitnehmen, wenn Sesame Credit grünes Licht gibt. Für alle Bezahlungen ist auch die vom Staat ausgegebene elektronische Sozialversicherungskarte zulässig. Wünscht der Kunde eine eingehende Beratung der Apotheke, kann er sich über die Smartphone-App der Apotheke anmelden. Auch dieses Gespräch kann online erfolgen. Neben dem Betrieb in Zhengzhou wollen nach einem Bericht von Forbes mehr als 100 weitere Apotheken im ganzen Land am Digital-Programm teilnehmen.

Um sich strategisch noch besser aufzustellen, will Alibaba die Tochterfirmen „Ali JK Nutritional Products“ und Tmall, eine E-Commerce-Plattform, an die Firma Alihealth verkaufen. Die Transaktion umfasst medizinische Geräte, medizinische Dienste, Healthcare-Produkte und -Serviceleistungen. Im Gegenzug erhält Alibaba neu ausgegebene Alihealth-Aktien im Gegenwert von rund 1,35 Milliarden US-Dollar. So stockt der Konzern seine Anteile von 48,1 auf 56,2 Prozent auf. Der Deal werde dabei helfen, Alihealth zum führenden „Ökosystem für Gesundheit“ zu machen, sagt CEO Daniel Zhang. Nach Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey werden die Ausgaben im chinesischen Gesundheitswesen von 357 Milliarden Dollar im Jahr 2011 auf eine Billion Dollar im Jahr 2020 steigen.

Die Innovationsoffensive von Alibaba steht im Einklang mit den Beschlüssen des chinesischen Volkskongresses. Das einmal im Jahr unter der Kontrolle der Kommunistischen Partei tagende Parlament hat im März für den Aufbau einer modernen, technologisch hoch entwickelten Wirtschaft votiert. Außerdem wird gerade der Apothekenmarkt neu strukturiert: Wurden bislang Medikamente vor allem in Kliniken verkauft, soll nun eine echte ambulante Versorgung aufgebaut werden.

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