Familienplanung

Apothekenschließung fördert Lebensglück

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Berlin -

Es klingt paradox: Eine Apotheke in Schwäbisch Hall schließt ihre Pforten, doch die davon betroffene Apothekerin ist darüber gar nicht unglücklich. Susanne Wüstner konzentiert nun all ihre Kraft auf die Hauptapotheke. Und hofft, mit der gewonnenen Zeit eine Familienplanung in Angriff nehmen zu können.

Jung und mutig: Wüstner wuchs in einer Apothekerfamilie im Öhringen auf. Mit gerade mal 28 Jahren kaufte sie 2011 die Dreikönig-Apotheke und nahm dafür einen hohen Kredit auf. Ein Dreivierteljahr später kam sie fast wie die Jungfrau zum Kind zu ihrem zweiten Betrieb. „Der Inhaber der Mohren-Apotheke erzählte mir, dass er gerne verkaufen wollte, sein potenzieller Nachfolger aber kurzfristig abgesprungen sei.“ Kurzerhand übernahm sie die 200 Meter entfernte Apotheke gleich noch mit. „Ich wollte damit einem möglichen Konkurrenten vorbeugen.“

Ganz bewusst schloss sie einen Mietvertrag über fünf Jahre ab. „Die Zeit wollte ich mich mir nehmen, um zu sehen, ob sie sich rentiert oder nicht.“ Doch Aufwand und Ertrag ließen sich nicht in die rechte Balance bringen: Die Verwaltungsarbeit und gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation für gleich zwei Betriebe fraß ebenso Zeit wie die doppelt fälligen Notdienste. Die Filiale schrieb konsequent rote Zahlen. „Für einen normalen Menschen war das schon ein sehr großes Minus“, räumt die Apothekerin ein. „Ich hatte nie Sorge, Insolvenz anmelden zu müssen, da ich die Verluste bei der Steuer abschreiben konnte.“ Doch die Rentabilität habe schon arg gelitten.

Zum Auslaufen des Mietvertrags zog sie die Notbremse und machte die Mohren-Apotheke Ende September dicht. Sie sei nicht enttäuscht, betont Wüstner. „Die Chance, dass es klappt, stand bei 50:50.“ Zum 31. Oktober ist sie aus dem Mietvertrag raus, die Einrichtung lässt sie in der Offizin. „Sie war ohnehin uralt und kann vom Nachmieter übernommen werden. Die Eigentümer suchen für die Apotheke einen Nachfolger.“

Fast alle Mitarbeiter aus der Mohren-Apotheke konnte sie in die Dreikönig-Apotheke integrieren. Nur zwei von ihnen wählten einen anderen Weg: „Eine Kollegin ging in Rente, eine andere ist in eine andere Stadt gezogen.“ Ihr Team zählt jetzt an die 20 Menschen. Mit den Umsatzzahlen ihrer Hauptapotheke sei sie ganz zufrieden: „Es gibt gute und schlechte Tage, so wie überall, aber unterm Strich läuft sie ordentlich.“

Allerdings sei auch das Umfeld stark: „Hall hat eine besondere Apothekensituation, hier wird es immer eine Auswahl geben, die groß genug ist“, erläutert Wüstner. „Wir haben große, starke Mitbewerber. Meine Kollegen sind in Beratung und Service wirklich sehr gut.“ Das sei für sie und ihr Team Tag für Tag ein großer Ansporn: „Wir versuchen selbst so gut wie möglich für die Patienten zu arbeiten“, meint Wüstner. Gerade im Kampf mit der Konkurrenz aus dem Internet sei die Beratungskompetenz und die persönliche Bindung zum Kunden entscheidend. „Als Apotheke nur zu überleben, weil alle anderen schlecht sind, wäre ein Armutszeugnis.“

Die wieder gewonnene Freizeit soll ihr irgendwann den Raum für eine Familienplanung geben. „Ich bin heute 33, nicht verheiratet und habe keine Kinder. Man braucht keinen Nachwuchs in die Welt zu setzen, wenn man keine Zeit für ihn hat. Und mit 53 ist es dafür zu spät.“ Eine bessere Rendite spiele ihr dabei in die Hände: „Kinder wollen ja schließlich ernährt werden.“

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