Sommerempfang AVNR

Staatssekretärin Weiss: BMJV blockiert Rx-Versandverbot

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Berlin -

Die Gesundheitsminister der Länder haben zuletzt noch einmal einen Vorstoß für ein Rx-Versandverbot unternommen, den das Plenum morgen wohl mittragen wird. Doch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat man das Thema abgehakt. Wie die Parlamentarische Staatssekretärin aus dem Bundesgesundheitsministerium, Sabine Weiss (CDU), beim Sommerempfang des Apothekerverbandes Nordrhein erklärte, habe das Bundesjustizministerium (BMJV) in der Ressortabstimmung das Vorhaben für europarechtlich nicht durchsetzbar erklärt.

Union und SPD hatten das Rx-Versandverbot im Koalitionsvertrag vereinbart. Doch in der Ressortabstimmung gab es Weiss zufolge das Veto des BMJV. Beim gestrigen Empfang in Düsseldorf, bekräftigte die Staatssekretärin, dass der Gesetzgeber die unfairen Wettbewerbsbedingungen in Flge des EuGH-Urteils zu Rx-Boni mit dem Apothekenstärkungsgesetz ausräumen werde.

Weiss zeigte sich laut Mitteilung des Apothekerverbands überzeugt, dass der im aktuellen Gesetzgebungsverfahren eingeschlagene Weg zur Sicherstellung der Gleichpreisigkeit über das SGB V auch im Hinblick auf die Abstimmung mit der EU-Kommission der einzige Weg sei, um eine europarechtlich tragfähige Lösung zu finden.

Gleichzeitig versprach Weiss, dass die Politik die Entwicklung auf dem Marlt im Blick behalten werden: Nach Inkrafttreten des Apothekenstärkungsgesetzes werde man die Anteile der ausländischen Versandapotheken sehr genau beobachten. Im Zuge der geplanten Einführung des E-Rezeptes solle zudem das Rezept-Makeln gesetzlich verboten werden. „Die freie Apothekenwahl muss gewährleistet bleiben“, betonte die Staatssekretärin.

Hinsichtlich der Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens bezüglich der Apotheken wies die Staatssekretärin darauf hin, dass geplant sei, dies bis Ende November im Bundestag abzuschließen. Dies gelte auch für das erst kürzlich initiierte PTA-Reformgesetz.

Weiss zufolge soll die mit dem Gesetz ebenfalls geplante Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen nicht nur das Berufsbild weiterentwickeln, sondern auch die Versorgung der Menschen verbessern. Die konkrete Umsetzung sei Sache des Deutschen Apothekerverband (DAV) und des GKV-Spitzenverband. Das im Gesetz vorgesehene Ausstellen von Wiederholungsrezepten sei eine Neureglung, die insbesondere chronisch Kranke entlasten soll, so Weiss. Auch auf das geplante Ziel, mit dem Gesetzvorhaben die Impfquoten durch impfende Apotheker erhöhen zu wollen, ging die Staatssekretärin ein. Dabei betonte sie, dass es nicht darum gehe, die Zuständigkeiten von Arzt und Apotheker aufzuweichen.

Thomas Preis, Vorsitzender des AVNR, sieht „zahlreiche positive Aspekte“ im Apothekenstärkungsgesetz und nannte konkret die geplante Stützung des Nacht- und Notdienstfonds, die bessere Vergütung bei der Versorgung mit Betäubungsmitteln sowie die Honorierung von pharmazeutischen Dienstleistungen. „Auch wenn wir das veranschlagte Budget bezogen auf den Versorgungsbedarf der Bevölkerung im Bereich der Arzneimitteltherapiesicherheit oder Prävention für nicht ausreichend halten“, fügte Preis hinzu.

Ein wesentliches Ziel dieses Gesetzes sei die Gleichpreisigkeit im Rx-Markt wiederherzustellen. „Auch wenn wir das Ziel selbstverständlich voll und ganz begrüßen, sehen wir die Umsetzung über eine Verankerung der Gleichpreisigkeit lediglich im SGB V, wie auch zuletzt der Gesundheitsausschuss des Bundesrates, sehr kritisch“, so Preis. Denn dadurch, dass die privat verordneten Medikamente beim Thema Gleichpreisigkeit außen vor blieben, würden die Stabilitätsbemühungen an dieser Stelle entscheidend geschwächt. Das Gesetz sei ein „politischer Kompromiss“, der aber nicht wirklich weiterhelfe.

Preis forderte eine neue sichere Regelung und verwies seinerseits auf den Vorstoß aus dem Gesundheitsausschuss des Bundesrates. Dieser habe in „bestechender Präzision eine konsequente Regelung vorgelegt“. Letztlich hätten sogar die EuGH-Richter im Oktober 2016 auf die Option eines Rx-Versandverbots verwiesen, so Preis. Auf das mutmaßliche Veto des Bundesjustizministerium reagierte er entsprechend mit Unverständnis. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf mehrere Rechtsgutachten, wie etwa das des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Professor Dr. Udo di Fabio.

Preis ging aus aktuellem Anlass auch auf die Lieferengpässe ein, die mittlerweile eine dramatische Dimension erreicht hätten. Die Suche nach lieferbaren Arzneimitteln verursache einen enormen Mehraufwand in Apotheken und teilweise auch den Arztpraxen – je Apotheke zurzeit mehr als zehn Stunden pro Woche, betonte Preis. „Es kann nicht sein, dass Ärzten und Apotheker in einem solch schwierigen Marktumfeld bei der Versorgung der Patienten auch noch finanzielle Nachteile drohen.“ Er forderte daher, dass Retaxationen bei Apothekern nur auf das nötigste beschränkt bleiben dürften. Ab einer gewissen Quote der Nicht-Lieferbarkeit eines Arzneimittels müssten sie ganz ausgesetzt werden. Und die verursachte Mehrarbeit müsse den Apothekern auch vergütet werden. Weiss versprach auch hier Abhilfe: „Da wird sich in einigen Wochen etwas tun.“

Unter den nach Verbandsangaben mehr als 100 hochkarätigen Gästen des Sommerempfangs waren Vertreter der Politiker, Ärzteschaft, Krankenkassen, der Selbsthilfe, des Pharmazeutischen Großhandels und der Arzneimittelhersteller.

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