Schwangerschaftsabbrüche

§219a: Erste Verurteilung seit Neufassung

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Berlin -

Das Amtsgericht Tiergarten hat heute zwei Berliner Frauenärztinnen wegen „unzulässiger Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ verurteilt. Sie müssen eine Geldstrafe von jeweils 20 Tagessätzen zu je 100 Euro zahlen. Es war der erste derartiger Prozess seit der Neuregelung des umstrittenen § 219a.

Die beiden 56- und 52-jährigen Ärztinnen hatten auf der Internetseite ihrer gemeinsamen Praxis angegeben, dass zu ihren Leistungen auch medikamentöse, narkosefreie Schwangerschaftsabbrüche „in geschützter Atmosphäre“ gehören. Damit sah das Gericht den Tatbestand aus §219a erfüllt, erklärte die Richterin heute in der mündlichen Urteilsbegründung.

Zwar sei der Paragraph während des Zeitraums, für den die beiden Medizinerinnen verurteilt wurden – Februar bis Juli 2018 – dahingehend reformiert worden, dass das Angebot von Schwangerschaftsabbrüchen genannt werden darf. Weitergehende Informationen wie die etwa zu Methode sind aber weiterhin unzulässig. Nicht nur üpber das Ob, sondcern auch über das Wie zu informieren sei nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin strafbar und deshalb zu ahnden, so das Gericht. Im Februar 2019 hatte der Bundestag nach langen Debatten zwischen CDU, CSU und SPD der Reform zugestimmt, einen Monat später segnete der Bundesrat das gesetz ab.

Die Richterin verwies darauf, dass der Gesetzgeber die Aufgabe der Information über die Arten und Umstände eines Schwangerschaftsabbruchs an die zuständigen Behörden, die Ärztekammern und Beratungsstellen delegiert habe und bezog auch Stellung zur Debatte um die ethische Zulässigkeit des Urteils: Das Gericht sei im Rahmen der Gewaltenteilung nicht dazu da, politische Fragen zu beantworten und müsse die Entscheidung des Gesetzgebers respektieren. Anhaltspunkte für eine Verfas-sungswidrigkeit der Vorschrift seien nicht erkennbar.

Vor dem Gericht kam es während des Prozesses zu Protesten. Frauenrechtler forderten eine Abschaffung des umstrittenen Paragraphen. Mehrere Organisationen wie der Bundesverband pro familia, der AWO-Bundesverband, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und der Arbeitskreis Frauengesundheit hatten dazu aufgerufen.

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