Ministerium erteilt Apotheker Absage

Securpharm: Mein Scanner versteht mich nicht

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Berlin -

Mit Securpharm wurde der Data-Matrix-Code auf Rx-Packungen eingeführt und allmählich verabschiedet sich die Bestandsware aus dem Markt. Doch immer wieder kommt es im Alltag zu kleineren Störungen. Die haben oft ganz schlichte Ursachen und wenig bis nichts mit der Arzneimittelsicherheit zu tun, sorgen aber für Unsicherheit und Ärger in der Offizin. Securpharm liefert aktuelle Zahlen und einen einfachen Tipp. Und ein Apotheker fragt im Ministerium nach, wie er sich bei Fehlermeldungen verhalten soll.

Bis zum Jahrestag der Einführung von Securpharm im Februar könnte die Grenze von einer Milliarde abgegebenen Packungen mit 2D-Code geknackt sein: Einer Securpharm-Sprecherin zufolge beläuft sich die Anzahl von Packungen mit individuellem Erkennungsmerkmal im System inzwischen auf 938 Millionen. Die Anzahl der Scans zur Überprüfung und Abgabe serialisierter Packungen sei ebenfalls gestiegen auf nunmehr 6,2 Millionen pro Werktag.

„Dies zeigt, dass der Anteil prüfpflichtiger Packungen steigt und der Anteil an Bestandsware abnimmt. Wir rechnen am Ende mit 10 Millionen Transaktionen pro Tag“, fasst die Sprecherin zusammen. Und Securpharm ist dabei nur die deutsche Lösung des EU-weit angelegten Sicherheitskonzepts. Die europäische Dimension: 26 Ländersysteme mit 160.000 Nutzern.

In den Apotheken kommt es immer mal wieder zu Störungen und Fehlermeldungen. Die Apothekerkammer Berlin hat sich in einer Umfrage bei ihren Mitgliedern nach bisher aufgetauchten Problemen gefragt. Die Auswahlmöglichkeiten plus Freitextfeld zeigen die Vielfalt der auftretenden Fehlermöglichkeiten: „Code vom falschen Produkt“, „Code nicht lesbar“, „Doppelerfassung, weil Securpharm-Code direkt neben PZN“, „Apothekensoftware funktioniert nicht“, „Großhandel nimmt Retoure nicht zurück“, „Ausbuchung Kühlware vergessen“ oder „Notfallzugang funktioniert nicht“. Die Auswertung gibt es hier.

An eine mögliche Fehlerursache, die sich sehr leicht beheben lässt, erinnerte Securpharm in der vergangenen Woche: die Sprachbarriere beim Scanner. Viele der derzeit im Betrieb befindlichen Scanner seien zwar fähig, einen Data-Matrix-Code zu scannen – die Daten müssten aber auch korrekt ausgelesen werden. Möglicher Fehler: Bei englischer Spracheinstellung werden unter anderem die Darstellung von Y und Z vertauscht. Werden die Daten nicht korrekt ausgelesen, meldet das Securpharm-System einen Alert. „Um sicherzustellen, dass die Scanner in Ihrer Betriebsstätte die Daten korrekt auslesen, sollten Sie daher den Scannertest der NGDA nutzen.“

Securpharm bietet einen Kontrollscan an (s. Abbildung):

  • Wenn im Programm das Wort FAHRZEUGTYP geschrieben ist, ist die Spracheinstellung des Scanners korrekt.
  • Erscheint das Wort FAHRYEUGTZP, so muss die Spracheinstellung des Scanners korrigiert werden.
  • Erscheint das Wort fahrzeugtyp, so muss die Einstellung zur Groß-/Kleinschreibung des Scanners korrigiert werden.

Apotheker Gunnar Müller (Sonnen-Apotheke, Detmold) hat sich wegen Ausfällen des Securpharm-Systems Anfang August an Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gewandt: „Aufgrund der heutigen massiven Störungen im Bereich Securpharm bitten wir Sie, die nordrhein-westfälischen Apotheken in Fällen eines Systemausfalls (NGDA/Eurohub) bis auf Weiteres für die Zeitdauer des Systemausfalls vom Vollzug der delegierten Verordnung (EU) 2016/161 zu entbinden.“ Seine Begründung: „Ein nachträgliches Abarbeiten der Securpharm-Verpflichtungen einschließlich aller notwendigen Vorarbeiten bis hin zu einer nachträglichen Information der Patienten ist den Apotheken nicht zumutbar.“

Anfang der Woche erhielt Müller Antwort aus dem Ministerium. Securpharm stehe im Kontext verschiedener Maßnahmen, die die EU vorgegeben habe, um die Patienten vor gefälschten Arzneimitteln zu schützen. Fälschungsrichtlinie und delegierte Verordnung seien unmittelbar geltendes europäisches Recht, weshalb ein Aussetzen des Vollzugs nicht möglich sei. „Zudem wäre dies auch aus Gründen der Patientensicherheit – insbesondere vor dem Hintergrund vergangener Arzneimittelskandale mit gefälschten Arzneimitteln (z.B. der sog. ,Lunapharm-Skandal') – nicht sinnvoll.“

Securpharm-Tipp: Bei Fehlern später ausbuchen

Müller hat seine Anfrage und die Antwort aus dem Ministerium an die Bundesapothekerkammer (BAK) und die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte (APD) weitergeleitet und bittet um Klarstellung: Wie habe sich die Apothekerschaft zu verhalten, wenn eine Securpharm-Verifizierung aufgrund eines Systemausfalls – und sei es auch nur ein zeitweiser Ausfall der Abfragemöglichkeit – nicht möglich ist. „Wir interpretieren das Schreiben des MAGS so, dass in diesem Fall ein in den Apotheken abgabebereites vorhandenes Arzneimittel NICHT an den Patienten abgegeben werden darf.“

Eine Antwort liegt noch nicht vor. Die Empfehlung von Securpharm bei auftretenden Fehlern lautet: „Bei technischen Störungen zum Zeitpunkt der Abgabe ist es laut Artikel 29 der Delegierten Verordnung erlaubt, Arzneimittel abzugeben und die Verifizierung und Ausbuchung nachträglich durchzuführen, sobald die Störungen behoben sind. Dafür muss die Seriennummer und der Produktcode bei der Abgabe notiert (oder der Data Matrix Code abfotografiert) und die Packung nachträglich ausgebucht werden. Wir verstehen, dass dies für Apotheken und Großhändler einen Mehraufwand bedeutet. Wir geben daher in unserem Implementierungsleitfaden für Softwareanbieter vor, dass die Software für diese Fälle eine entsprechende Unterstützung vorsehen soll. Ob und wie das jeweilige Warenwirtschaftssystem diese Vorgabe umgesetzt hat, muss mit dem jeweiligen Softwareanbieter geklärt werden.“

Zwischenfazit Securpharm: Wie ist die Zufriedenheit?

Welche Probleme haben Sie mit dem System schon erlebt? Gab es Packungen, die mit Securpharm als Fälschung identifiziert werden konnten? Wenn Sie ein Fazit ziehen müssten: Wie gut lässt sich das System in den Apothekenalltag integrieren? Sind Sie generell zufrieden mit dem System? Jetzt mit den Kolleginnen und Kollegen austauschen: Im LABOR von APOTHEKE – „powered by" Pohl-Boskamp.

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