Expopharm

Valsartan: Eine Chronik

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München -

Generika spielen im Versorgungsalltag eine große Rolle. Etwa Dreiviertel aller Arzneimittel sind generisch bei einem relativ geringen finanziellen Aufwand von etwa 10 Prozent. Die Kosten im Versorgungsalltag mit Blick auf eine Tagesdosis Valsartan sind mit 13 Cent extrem niedrig. Ist der Preisdruck schuld am verunreinigten Valsartan? Professor Dr. Schubert-Zsilavecz gibt auf der Expopharm einen Überblick.

Das Oktapeptid Angiotensin 2 (AT-2) spielt für den Blutdruck eine wichtige Rolle. Der Blutdruckregulator gilt als sehr sehr starker Vasokonstriktor. Zu viel AT-2 kann den Blutdruck steigen lassen. Valsartan gilt als AT-1-Rezeptor-Antagonist und kann den Blutdruck senken.

Wie hat die Geschichte begonnen? Das japanische Unternehmen Takeda hat in den 80er Jahre ein Patent veröffentlicht, das die blutdrucksenkende Wirkung der Benzylimidazole bestätigt. Weiter verfolgt wurde das Patent jedoch nicht. Dupont Merck hatte die Chance erkannt und 1995 Losartan auf den Markt gebracht. Es folgten Valsartan, Eprosartan, Irbesartan(19997 Bristol Myers Squibb), Candesartan (1997 Takeda) und Telmisartan (1998 Boehringer).

Laut Arzneimittelverordnungsreport 2017 wurden etwa drei Milliarden Tagestherapiedosen Sartane im Jahr 2016 verordnet, Tendenz ansteigend. Eine Tagestherapie Valsartan kostet 13 Cent – Rabattverträge nicht berücksichtigt – eine Tasse Cappuccino im Dachgartenrestaurant des Bundestages kostet 5,10 Euro gibt Schubert-Zsilavecz zu bedenken. „Man kann mit Gewalt die Preise der Arzneimittel so weit drücken, bis sie nichts mehr kosten.“

Die ursprüngliche Synthese von Valsartan scheint im letzten Schritt der Entstehungsort der Verunreinigung zu sein. Gemeint ist die Bildung des Tetrazolrings durch eine 1,3, dipolare Cycloadditionsreaktion. Das börsennotierte chinesische Unternehmen Zhejiang Huahai produziert an vier Standorte und beschäftigt etwa 6000 Mitarbeiter. Der Lohnhersteller produziert etwa 20 verschiedene Arzneistoffe und beansprucht den Status „Pril specialist“ für sich, hat sich also auf ACE-Hemmer spezialisiert. Außerdem werden fünf Sartane – Candesartan, Losartan, Irbesartan, Telmisartan und Valsartan produziert.

Das Patent für Valsartan wurde Ciba-Geigy 1991 erteilt und lief entsprechend 2011 aus. 2012 hat Zhejing die Produktion aufgenommen und 2014 ein neues Herstellungsverfahren mit höherer Ausbeute patentieren lassen. 2016 wurde das EDQM über das geänderte Syntheseverfahren informiert und am 9. Juni 2016 ein das CEP-Zertifikat ausgestellt. Schließlich wurde dieses 2018 widerrufen. Das neue Syntheseverfahren generiert eine höhere Ausbeute, verwendet jedoch ein anderes Azid als der ursprüngliche Syntheseweg vorsieht, nämlich Natriumazid und für die Bildung von NDMA verantwortlich ist. NDMA wird als potenziell karzinogen eingestuft. Die genotoxische Verbindung sollte nach dem ALARA-Prinzip – as low as reasonably achievable – dem Körper zugeführt werden.

Wer trägt die Verantwortung, fragt Schubert- Zsilavecz? Und bleibt uns einer Antwort mit Zuweisungen vorsichtig. „Ich hoffe sehr für das Unternehmen, dass gezeigt werden kann, dass das kein Vorsatz war. Der Worst Case wäre, wenn das Unternehmen davon gewusst und nicht berichtet hat.“ Der chinesische Hersteller habe sich mit Blick auf das geänderte Syntheseverfahren an das EDQM gewendet um ein CEP-Zertifikat zu bekommen und trotzdem in das Schema der Arzneibuchmonographie zupassen. Von NDMA war jedoch keine Rede im Dossier. Auch das EDQM habe kein Risiko gesehen und auch im Rahmen der Kontrollbesuche ist das Problem nicht aufgefallen, führt Schubert-Zsilavecz aus.

Der Zulassungsinhaber bezieht sich schließlich auf das auf EDQM-Zertifikat und kann lediglich im Rahmen des „active substance master file“ (ASMF) den offenen Teil (applicants part) mit den Details zur Analyse und Qualitätskontrolle einsehen. Der vertrauliche Teil (restricted part) mit dem genauen Syntheseweg, schützt das Herstellerwissen und ist nur für die Zulassungsbehörden sichtbar. Der Hersteller kann also nicht einschätzen ob es ein Problem gibt , eine Transparenzlücke, die geschlossen werden muss.

Um in Zukunft derartigen Skandalen vorzubeugen, ist es laut Schubert-Zsilavecz an der Zeit, die Rabattverträge anzuschauen. Man wolle Arzneimittel möglichst günstig auf dem Markt haben. „Rabattverträge sind intransparente Instrumente, die dazu führen, dass die Patienten irgendwann die Verlierer sind. Man kann die Preise nicht senken, wenn man hoch wirksame und sichere Arzneimittel haben will.“ Außerdem müsse man sich die Frage stellen, ob Umfang und Qualität von Inspektionen ausreichen. In Deutschland könne man unangemeldet inspizieren. „Ob das in China funktioniert, da habe ich meine Zweifel.“

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