Fertilität

Schwere Arbeit kann Fruchtbarkeit mindern

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Boston -

Schwere körperliche Arbeit und nächtliche Schichtarbeit beeinträchtigen die Eizellenqualität und -zahl von Frauen und damit womöglich ihre Fruchtbarkeit. Besonders ausgeprägt sei der Effekt bei übergewichtigen und älteren Frauen, berichten US-Forscher im Fachblatt „Occupational and Environmental Medicine“. Frauen, die schwanger werden wollen, sollten sich des Einflusses bewusst sein, den schweres Heben und nächtliche Schichtarbeit auf ihre Fruchtbarkeit haben könnten.

Eine Reihe von Studien habe bereits gezeigt, dass die Arbeitsbedingungen einer Frau ihre Fertilität beeinflussen, schreiben die Forscher um Lidia Minguez-Alarcón von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston (US-Staat Massachusetts). Bisher sei aber noch nicht untersucht worden, welche Abläufe im Körper direkt beeinträchtigt würden. Die Wissenschaftler hatten nun Frauen untersucht, die sich zu einer Fruchtbarkeitsbehandlung entschlossen hatten, weil sie auf natürlichem Weg nicht schwanger wurden.

Im Rahmen der Behandlung maßen die Forscher verschiedene biologische Kenngrößen für die Fruchtbarkeit direkt, etwa die Zahl der Eibläschen, die zu Beginn eines Zyklus in den Eierstöcken vorhanden sind. In den Eibläschen befinden sich die Eizellen. Eine geringe Zahl von Eibläschen deutet darauf hin, dass der Eizellenvorrat der Frau abnimmt, womit die Fruchtbarkeit schwindet.

Zudem bestimmten die Forscher, wie viele Eizellen bei den Frauen im Zuge der Fruchtbarkeitsbehandlung heranreiften und wie viele davon ausgereift waren. Normalerweise reift pro Zyklus nur eine Eizelle in den Eierstöcken vollständig heran. Bei Fruchtbarkeitsbehandlungen wie einer In-vitro-Fertilisation werden die Eierstöcke hormonell gezielt zur Bildung mehrerer Eizellen angeregt. Diese können dann entnommen und außerhalb des Körpers befruchtet werden.

Schließlich untersuchten die Forscher noch den Gehalt verschiedener Hormone. In einem Fragebogen gaben die Frauen detailliert Auskunft zu ihren Arbeitsbedingungen. Die Auswertung zeigte, dass bei Frauen, die schwer heben, während der Fruchtbarkeitsbehandlung weniger Eizellen in den Eierstöcken heranreifen als bei Frauen, die überwiegend im Sitzen arbeiten oder körperlich weniger schwere Arbeit leisten. Außerdem waren weniger dieser Eizellen voll ausgereift. Ferner schien ihr Vorrat an befruchtungsfähigen Eizellen insgesamt kleiner zu sein. Dieser Zusammenhang war allerdings statistisch nicht eindeutig.

Die festgestellten Auswirkungen waren bei übergewichtigen und fettleibigen Frauen sowie bei Frauen über 37 Jahren besonders ausgeprägt. Auch bei Frauen, die nachts im Schichtdienst arbeiteten, war die Ausbeute reifer Eizellen geringer im Vergleich zu Frauen, die tagsüber im Schichtdienst tätig waren. Auf den Hormongehalt wirkten sich die Arbeitsbedingungen nicht aus.

Welche Ursachen den Unterschieden zugrunde liegen, wissen die Forscher nicht. Möglicherweise seien Störungen der biologischen Uhr beteiligt. Ihre Ergebnisse hätten unmittelbare klinische Bedeutung, weil eine geringere Anzahl reifer Eizellen zur Folge hat, dass aus weniger Eizellen ein gesunder Embryo hervorgehen kann, schreiben die Forscher. Ob die Effekte umkehrbar seien und wie lange das dauere, müssten weitere Untersuchungen zeigen. Unklar sei auch, ob die Ergebnisse auch für Frauen gelten, die bereits auf natürlichem Wege schwanger geworden sind, ob harte körperliche Arbeit also auch ihre Fruchtbarkeit einschränkt.

Für Georg Döhmen, Reproduktionsmediziner und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM) liefert die Studie solide Ergebnisse, aber keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse. Sie zeige einmal mehr, dass körperlicher Stress die Fruchtbarkeit beeinträchtigt, vor allem in zunehmendem Alter und bei Übergewicht. „Man muss aber beachten, dass die Ursachen einer eingeschränkten Fertilität meist multifaktoriell sind, da kommen mehrere Sachen zusammen.“ Einer der wesentlichsten schädlichen Faktoren sei das Rauchen; Sport und gesunde Ernährung hingegen förderten die Fruchtbarkeit, bei Männern wie Frauen.

Denkbar sei auch, dass der Bildungsgrad und damit zusammenhängende Lifestyle-Faktoren die Ergebnisse miterklärten. So sei der Bildungsgrad bei jenen untersuchten Frauen geringer, die schwere körperliche Arbeit verrichteten und nachts arbeiteten. „Inwieweit das möglicherweise eine Rolle spielt, beantwortet die Studie nicht.“

Döhmen rät Frauen, die mit unerfülltem Kinderwunsch zu ihm ins Kinderwunschzentrum kommen, weitgehend gesund zu leben und Stress zu reduzieren, ohne sich völlig aus dem normalen Alltag auszuklinken. „Wenn man sich zu viele Regeln auferlegt, kann das sonst auch Stress erzeugen und dann kontraproduktiv sein.“

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