Ex-PGEU-Präsident

Aufstieg und Fall des Štefan Krchňák

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Berlin -

Er war der erste Osteuropäer an der Spitze des europäischen Apothekerverbandes PGEU. Er war zwei Jahre lang Präsident der slowakischen Apothekerkammer und 18 Jahre Mitglied des Präsidiums: Štefan Krchňák hatte in seiner gut 600 Quadratmeter großen Poliklinik-Apotheke den ersten Kommissionierer in den neuen EU-Mitgliedsstaaten hinter dem früheren Eisernen Vorhang. Er war in der Apothekerwelt nicht nur in der Slowakei ganz oben und bekannt. Inzwischen ist er vom Schicksal gebeutelt abgestürzt und kämpft in seiner Heimatstadt Šurany um seine wirtschaftliche Existenz.

„Mir sind eine kleine Apotheke und hohe Schulden geblieben“, beschreibt Krchňák seine aktuelle Lage. Aufgeben will er nicht. Krchňák approbierte 1984 in der Hauptstadt Bratislava. Elf Jahre später eröffnete er seine eigene Apotheke in Šurany. In seinem Heimatland ist er dafür bekannt, die erste Apothekensoftware programmiert zu haben, die seit 1988 vertrieben wird.

2014 kletterte Krchňák auf den Höhepunkt seiner Apothekerkarriere. Für ein Jahr übernahm er den Posten als PGEU-Präsident, obwohl er sich danach nicht gedrängt hat. In seiner Heimat war man so stolz, einen Slowaken als ersten Vertreter der neuen Osteuropäer an der Spitze der europäischen Apothekerlandschaft platzieren zu können, dass er nicht ablehnen konnte. Seit 1997 saß er zudem im Vorstand der Apothekerkammer der Slowakei, seit 2000 als Präsident. Mehr noch: Seit 1998 war Krchňák in der Slowakischen Apothekerkammer für den Bereich „Europäische Angelegenheiten“ zuständig und seitdem Vertreter seines Landes in der PGEU – viele Ämter, viel Ehre und eine gutgehende Apotheke. Das alles ist vorbei.

„Noch vor einem Jahr hätte ich damit kein Problem gehabt, meine alte Apotheke als die, die man in der Slowakei sehen muss, zu empfehlen“, so Krchňák über seinen plötzlichen Niedergang. Alles fing damit an, dass sein Mietvertrag für die Poliklinik-Apotheke nach 20 Jahren auslief: „Zuerst wurde mir versprochen, dass alles weitergeht wie bisher.“ Statt ihn zu verlängern, habe sich aber der Bürgermeister von Šurany plötzlich für seine lukrative Apotheke interessiert.

Inzwischen gehört die Apotheke zu 51 Prozent der Stadt und zu 49 Prozent einem einflussreichen Geschäftsmann. Zufall oder nicht: Die Schwester des Geschäftsmanns ist selbst Apothekerin und war früher bei Krchňák angestellt. „Fast alle meine früheren Mitarbeiter haben mir plötzlich den Rücken gekehrt“, sagte Krchňák.

Doch damit nicht genug. Die 640 Quadratmeter große Poliklinik-Apotheke habe er über 15 Jahre nach und nach, Raum für Raum auf eigene Kosten renoviert. 2005 kaufte Krchňák nach eigenen Angaben den ersten Kommissionier-Automaten in den neuen EU-Mitgliedsländern. Weil die Krankenkassen in der Slowakei die Arzneimittelrechnungen gewöhnlich erst nach zehn Monaten bezahlen, finanzierte er den Roboter mithilfe eines Großhändlers. Mehrere Zehntausend Euro kostete der Automat. Die kompletten Renovierungskosten beziffert Krchňák auf 370.000 Euro.

Doch von der Apothekeneinrichtung wollte der neue Eigentümer nichts übernehmen. Innerhalb weniger Tage musste er seine alte Apotheke leer räumen – Regale, Arzneimittel, HV-Tisch, alles. Der Automat steht jetzt in einem Lager. Für sich fand Krchňák 50 Meter entfernt eine neue Apotheke, 130 statt 640 Quadratmeter groß. Mit zwei anderen Apotheken muss er gegen die Dominanz der Poliklinik-Apotheke ankämpfen. „Mein Umsatz ist auf 20 Prozent abgestürzt“, beschreibt Krchňák seine schwierige wirtschaftliche Lage. „Meine Schulden habe ich bis heute nicht bezahlt.“

Auch bei der slowakischen Apothekerkammer arbeitet er nicht mehr. Nach 18 Jahren musste er seinen Posten im Präsidium laut Vorschriften räumen. Und über Nacht habe sich ein anderer Name auf der Vertreterliste für PGEU gefunden.

„Ich bin in einem Jahr von der höchsten Position, die man als Apotheker erreichen kann, in den Abgrund gefallen“, zieht Krchňák ein bitteres Fazit. Er will trotzdem weitermachen, auch weil er weitermachen muss. „Ich habe bei meinen Besuchen in Westeuropa viel über moderne Pharmazie gelernt“, so Krchňák. Das versuche er in seiner kleinen Apotheke wieder umzusetzen.

Beratung und Medikationsmanagement seien in den meisten Apotheken der Slowakei Fremdwörter. „Darauf setze ich“, so Krchňák. „Langsam spüren meine Kunden, dass sie bei mir besser aufgehoben sind, als bei denen, die mit ihrer Apotheke nur schnelles Geld machen wollen.“

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