Geizige Kunden

Alchemilla und die Sparer

, Uhr
Berlin -

Im Grunde ihres Herzens liebt Anja Alchemilla alle ihre Kunden mit sämtlichen Wehwehchen und individuellen Eigenheiten. Auch das Sparen gehört bei manchen so sehr dazu, dass der Spruch „Geiz ist geil“ zu „Geiz ist alternativlos“ wird. Grundsätzlich ist auch das kein Problem, nur manchmal wird es dann doch ein wenig anstrengend.

Anja steht hinter dem HV-Tisch und kümmert sich um die Kundschaft. Es ist ein regnerischer Tag, daher geht das Tagesgeschäft nur schleppend voran. Wer nicht unbedingt aus dem Haus gehen muss, der bleibt in den trockenen vier Wänden. Da kommt Frau Keller in die Apotheke, triefnass und vor sich hin schimpfend. Anja stellt sich noch ein wenig aufrechter hin, denn wenn Frau Keller schlecht gelaunt ist, kann die Beratung länger dauern. Während die Kundin ihren Schirm zuklappt und sich den Regen abschüttelt, kommt plötzlich die PTA Sonja nach vorne.

Unbemerkt von der Kundin schnappt sie sich leise das Körbchen mit den Bonbonproben, das auf dem HV steht und trägt es schnell und wortlos nach hinten. Anja wundert sich, beschließt aber erst nach dem Grund zu fragen, wenn Frau Keller die Apotheke verlassen hat. Diese kommt auch schon nach vorne und legt ein Blutzuckermessgerät samt einer Packung Teststreifen vor Anja hin. „Schauen sie mal – die Teststreifen haben sie mir letzte Woche verkauft. Die sind jetzt schon kaputt! Das kann doch wohl nicht wahr sein, die haben dreißig Euro gekostet!"

Anja nickt zustimmend: „Da haben sie Recht Frau Keller, das sollte nicht vorkommen.“ Sie nimmt einen Teststreifen aus der Trommel und schiebt ihn in das Gerät. Nichts tut sich, und die Anzeige bleibt schwarz. „Frau Keller, kann es sein dass die Batterie von ihrem Messgerät leer ist?" Frau Keller schaut skeptisch. „Ach... da sind Batterien drin? Wie merke ich denn, dass die leer sind?" Anja fragt sich nicht das erste Mal innerlich, was die Leute glauben, wie die Geräte denn funktionieren...

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„Zunächst mal hätte das Batteriensymbol irgendwo aufleuchten müssen. Und dann geht das Gerät irgendwann nicht mehr, so wie jetzt. Haben sie die Batterien denn schon einmal gewechselt?“ Frau Keller muss nicht lange nachdenken. „Nein. Das habe ich noch nie gemacht.“ Anja öffnet das Fach und zeigt der Kundin die kleine flache Batterie. „Wir haben diese Sorte hier am Lager. Soll ich ihnen gleich eine neue einlegen?“ Frau Keller winkt ab: „Das lassen sie mal! Hier ist doch immer alles so teuer, ich gehe da lieber zur Drogerie rüber. Schreiben sie mir mal auf wie die genau heißt, damit ich keine falsche mitnehme.“

Anja ärgert sich etwas über den Befehlston, notiert aber gewissenhaft „CR2025“ auf einem Zettel und reicht ihn Frau Keller, die ihn wortlos einsteckt und die Apotheke verlässt. Kaum ist sie wieder in den Regen hinausgestapft kommt auch Sonja wieder mit den Bonbonproben nach vorne und platziert diese an der alten Stelle. Die Filialleiterin ist neugierig: „Sag mal, warum hast du denn das Körbchen weggeräumt?" Die PTA grinst: „Frau Keller hat sich das letzte Mal eine ganze Hand voll in den Mantel gesteckt und den Rest in die Handtasche geschüttet als sie dachte wir sehen es nicht. Das ist dermaßen unverschämt, das wollte ich nicht nochmal erleben.“

Etwa zwanzig Minuten später kommt die Kundin wieder herein und ist offenbar noch schlechter gelaunt als bei ihrem ersten Besuch. Als sie Anja sieht, schimpft sie sofort los: „Jetzt habe ich die neue Batterie drin, und das Gerät funktioniert immer noch nicht! Wegen Ihnen musste ich jetzt nochmal in den Regen hinaus!" Anja schaut in das Batterienfach, um zu überprüfen ob diese richtig herum eingelegt wurde. Dabei bemerkt sie jedoch etwas anderes. „Frau Keller – die Batterie die eingelegt wurde, ist eine CR2032.“ Die Kundin stutzt während Sonja lächelnd abermals die Bonbons wegräumt und so tut, als wollte sie das Körbchen auffüllen. „Ja wissen Sie, ich war erst noch Zuhause und habe nachgesehen, ob ich noch eine da habe. Geht die nicht auch?“

Anja schüttelt den Kopf. „Diese Batterie ist leider zu dick, die passt nicht.“ Frau Keller nimmt das Gerät wieder entgegen und verschwindet mit einem: „Na, dann gehe ich eben doch noch in die Drogerie“ aus der Apotheke. Nach etwa einer halben Stunde steht sie wieder vor der verwunderten Apothekerin. „Die hatten keine mehr da. Jetzt bin ich dreimal durch den Regen gelaufen wegen dieser Batterie, ist das zu glauben? Dann geben sie sie mir jetzt doch mit.“ Anja scannt die CR2025 ein während sich die Kundin die Jackentaschen mit Bonbons füllt. „Das macht dann 1,49 Euro Frau Keller.“ Da hätte sich das Sparen ja richtig gelohnt.

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