Schmerzsalben

Kytta wärmt nicht mehr

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Berlin -

Kytta Balsam verlässt den Markt. Grund dafür sind keine Sicherheitsbedenken, sondern unternehmerische Entscheidungen. Der regulatorische Aufwand stehe in keinem Verhältnis zu den Erlösen, heißt es vom Hersteller Merck. Der Konzern setzt jetzt vollständig auf die Monopräparate der Dachmarke.

Kytta Balsam ist das einzige Produkt der Dachmarke, welches außer Beinwell-Extrakt noch den chemischen Wirkstoff Methylnicotinat beinhaltet. Der Methylester der Nicotinsäure wirkt durchblutungsfördernd und wärmend und wird daher gerne zur Behandlung schmerzhafter Muskelverspannungen genutzt. Auch gegen Hexenschuss, Krämpfe, Zerrungen oder bei Durchblutungsstörungen wird der Wirkstoff eingesetzt.

Regulatorisch ist die Kombination allerdings problematisch. Es sei zunehmend schwieriger, die Anforderungen für Produkte dieser Art zu erfüllen, erklärt Hans Rittinghausen, der bei Merck für die Kategorie Mobility zuständig ist. Das Produkt war bisher nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr, eine Nachzulassung war gefordert worden. Dafür wären allerdings neue Studien notwendig gewesen.

Dieser Aufwand war dem Hersteller zu groß. Kytta Balsam habe neben den Hauptpräparaten der Dachmarke, Kytta Salbe und Kytta geruchsneutral, ohnehin eine untergeordnete Rolle gespielt und sei auch schon länger nicht mehr aktiv beworben worden, so Rittinghausen. Der bewährte Beinwell-Extrakt stehe den Patienten natürlich weiterhin zur Verfügung, hier sei die Zulassung nicht gefährdet.

Unter der Dachmarke gibt es außerdem Kytta Sedativum. Die Dragees enthalten Baldrian, Hopfen und Passionsblume und werden zur Beruhigung eingesetzt. Die Dachmarke über Indikationen hinweg wäre unter heutigen Maßstäben nicht mehr erlaubt.

Merck hatte das Kytta-Werk Sauter Ende der 1990er Jahre übernommen. Vor drei Jahren war die geruchsneutrale Variante eingeführt worden; parallel wurde das Design komplett überarbeitet.

Kunden, die einen wärmenden Effekt wünschen, müssen nun auf Alternativen umsteigen. Neben Wärmepflastern stehen auch andere Salben mit wärmender Wirkung zur Verfügung. Darunter fallen Präparate mit Capsicum-Extrakt wie die Wärmecremes von Finalgon (Boehringer) oder ABC (Beiersdorf). Allerdings ist das Segment etwas in die Jahre gekommen.

Insgesamt ist der Bereich der topischen Muskel- und Gelenkschmerzmittel hart umkämpft; zahlreiche Neueinführungen haben den Markt in Bewegung versetzt. Finalgon kommt auf Erlöse von rund zehn Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) und liegt nach Angaben des Herstellers mit einem Marktanteil von 50 Prozent im Bereich der Wärmecremes vorn. Wichtigste Mitbewerber sind Hexal (Advel Thermobalsam), Wörwag (Capsagamma dolor), Recordati (Dolobene Hot) und Mylan dura (Hot Thermo).

Nach Zahlen von IMS Health werden pro Jahr knapp 35 Millionen Packungen topischer Schmerzmittel in den Apotheken verkauft; der Umsatz zu Herstellerabgabepreisen (ApU) liegt bei knapp 200 Millionen Euro. Weniger als 4 Prozent entfallen auf verschreibungspflichtige Produkte – der Bereich gehört zu den Klassikern im Selbstzahlermarkt.

GlaxoSmithKline (GSK) liegt mit Novartis unter den Schmerzsalben unangefochten an der Spitze; weitere wichtige Marken sind Thermacare (Pfizer), Doc (Hermes), Diclo-ratiopharm (Ratiopharm), Traumeel (Heel), Mobilat (Stada) und Proff (Dr. Theiss).

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