Rx-Versandverbot

Kassen befürchten Mehrverbrauch wegen Rx-Boni

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Berlin -

Die Krankenkassen haben ihre Forderung erneuert, dass Rx-Boni zumindest überwiegend der Solidargemeinschaft zustehen. Anderenfalls befürchtet der GKV-Spitzenverband einen Mehrverbrauch von Arzneimitteln. Das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Rx-Versandverbot lehnt der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zum Gesetzesvorhaben allerdings ab.

Den Kassen zufolge muss nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni ausgeschlossen werden, dass Boni aufgrund ihrer Höhe oder bei zuzahlungsbefreiten Patienten „Fehlanreize für einen Mehrbezug von Arzneimitteln“ setzen. „Ein damit einhergehender Mehrverbrauch wäre sowohl aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit als auch wirtschaftlich kontraproduktiv“, heißt es in der Stellungnahme.

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes stehen die wirtschaftlichen Vorteile nicht allein den Patienten zu. „Vielmehr müssen die Einsparungen zu einem großen Teil auch der Versichertengemeinschaft zugute kommen, die den Großteil der Kosten der Arzneimittelversorgung solidarisch trägt“, heißt es. Rx-Boni seien daher so auszugestalten, „dass keine Fehlanreize entstehen und zugleich Einsparungen erzielt werden“.

Die Kassen wünschen sich „auf Basis einer neu zu schaffenden Rechtsgrundlage verbindliche vertragliche Lösungen zwischen Krankenkassen und Versandapotheken“. Die Pflicht zur Erstattung der Herstellerabschläge im Versandhandel müsse entsprechend fortgeschrieben werden. So könne vertraglich geregelt werden, „dass Effizienzgewinne an die Kassen ausgeschüttet werden, damit diese Einsparungen der Solidargemeinschaft zu Gute kommen“. Damit wäre aus Sicht des Kassenverbands allen geholfen: Die Menschen hätten den Versandhandel, die Einsparungen würden gerecht verteilt und mögliche Fehlanreize vermieden.

Ein pauschales Rx-Versandverbot ist laut GKV-Spitzenverband „im Zeitalter der Digitalisierung und angesichts der Förderung von E-Health im Gesundheitswesen“ dagegen „unzeitgemäß“. Die Erfahrungen aus mehr als zehn Jahren Versandhandel zeigten, dass die Sicherheit der Versorgung gewährleistet sei. Zudem bestehe von Seiten der Patienten ein Bedarf für den Versandhandel – andernfalls würde es das Geschäftsmodell nicht mehr geben.

Der Rx-Versandhandel sei dennoch heute als Vertriebsweg eine Nische. Seit dem Jahr 2009 habe er einen Anteil von etwas mehr als 1 Prozent an den gesamten Umsätzen von Arzneimitteln aus Apotheken, die zu Lasten der GKV abgegeben wurden. Auf dieser Basis die Ursache für ein Apothekensterben zu konstruieren, erscheine unangemessen, so der GKV-Spitzenverband.

Die Kassen führen aus, dass die Zahl der Apotheken laut ABDA-Statistik im Jahr 2008 ihren Höhepunkt erreicht habe. „Der vorherige kontinuierliche Anstieg der Apothekenzahl geschah parallel zur Einführung des Versandhandels mit Arzneimitteln.“ Zu diesem Zeitpunkt hätten ausländische Versandapotheken Boni Patienten gewährt. „Einen kausalen Zusammenhang des Apothekenrückgangs mit der Zunahme des Versandhandels kann es also nicht geben“, so der Verband.

Die Ursache für einen Rückgang der Apothekenzahl sei vielmehr in einer Konsolidierung des Apothekenmarktes zu sehen. Die Entwicklung gehe zu größeren Apotheken mit entsprechend höheren Umsätzen. Die Ursache hierfür sei technischer Natur in Form von Skaleneffekten.

Aufgrund eines großen Anteils von Fixkosten bei Apotheken wie Mieten oder Personalkosten führe steigender Absatz zu einer Degression der Kosten pro abgegebenem Arzneimittel. Apotheken mit hohem Umsatz seien entsprechend wirtschaftlich attraktiver. „Diese Entwicklung kann auch in anderen Branchen wie dem Lebensmitteleinzelhandel beobachtet werden“, so der GKV-Spitzenverband.

Schwer werde es vor allem für Apotheken in ländlichen Räumen mit sinkender Bevölkerungszahl, in denen auch die Anzahl der Ärzte zurückgehe. In bestimmten Regionen sei es für Apotheker wie für Ärzte schwierig, einen Nachfolger zu finden, die in den Ruhestand gehen. Das liege aber an der steigenden Attraktivität städtischer Räume. „Entsprechend ist in diesen Regionen mit sinkender Bevölkerungszahl auch mit einem Rückgang der Apothekenzahl zu rechnen.“ Generell sei die Apothekendichte aber hierzulande beachtlich hoch.

Der Versandhandel könne in bestimmten Regionen Patienten helfen, Wege zu vermeiden, was ein Vorteil gegenüber Präsenzapotheken sei. Die Vertriebsstruktur von Arzneimitteln sei daher so zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln, dass in allen Regionen Deutschlands – unabhängig von der Bevölkerungsdichte – eine sichere und bedarfsgerechte Versorgung mit Arzneimitteln erreicht werden könne.

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