Medikamente in Abwässern

Schnabeltier mit Betablockern

, Uhr
Berlin -

Australische Forscher haben in Wasserinsekten dutzende Arzneimittel nachgewiesen. Es ist ein giftiger Cocktail, dem die Tiere ausgesetzt sind: Schmerzmittel, Betablocker, Antidepressiva und andere Arzneien gelangen nicht nur bekanntermaßen in Gewässer, sie reichern sich auch in den Lebewesen an.

Wie Spiegel Online berichtet, haben Forscher um Erinn Richmond von der Monash University in wasserlebenden Insekten in Melbourne und Umgebung insgesamt 69 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Untersucht wurden Tiere, die im Wasser und am Ufer leben. Das Forscherteam untersuchte 190 wasserlebende Insekten, vor allem Köcherfliegen (Trichoptera) und andere wirbellose Tiere aus sechs Wasserläufen um Melbourne auf 98 Pharmazeutika. In Insekten fanden die Forscher bis zu 69 der 98 Substanzen, in Spinnen bis zu 66.

Die fünf häufigsten Substanzen, die gefunden wurden: die Schmerzmittel Tramadol und Codein, das Antipilzmittel Fluconazol, der Betablocker Metoprolol und das Antidepressivum Clomipramin. Die Forscher suchten nur nach 98 Substanzen, wiesen aber darauf hin, dass es tausende gebe. Die Effekte dieser Substanzen und ihrer Kombinationen auf tierische Organismen seien bislang nicht erforscht.

Dass Arzneistoffe aus Abwässern der Kläranlagen gefunden werden, ist weltweit seit vielen Jahren bekannt. Neu ist die Erkenntnis, dass die Arzneimittelreste über das Abwasser in hoher Konzentration in die Fische und Säugetiere gelangen. „Bisher wurde angenommen, dass sie ein geringes Risiko für Wasserlebewesen darstellen, da die Umgebungswerte normalerweise weit unter den tödlichen Konzentrationen liegen“, schreiben die Wissenschaftler. Sie gingen überdies davon aus, dass viele der Verbindungen in der Umwelt auch schnell wieder abgebaut würden.

Das scheint nicht der Fall zu sein, die Studie belegt, dass die Konzentrationen der Arzneistoffe in den Tieren wesentlich höher waren als im Wasser. Auch die Fressfeinde der untersuchten Tiere sind betroffen, weil sich die Substanzen weiter anreichern. Anhand der Ernährung wurde nachgerechnet, welche Mengen Arzneistoffe zum Beispiel ein Schnabeltier durch die von ihm gefressenen Insekten zu sich nimmt.

Besonders Tiere, die an Stellen hinter Kläranlagen leben, sind gefährdet. „Ein Schnabeltier, das in einem Bach mit behandelten Abwässern lebt, kann durch seine normale Insektennahrung die Hälfte der für Menschen empfohlenen Dosis Antidepressiva zu sich nehmen“, warnen die Forscher.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte