Westfalen-Lippe

Minus 25: Apothekenzahl sinkt im 12. Jahr

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Berlin -

Die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe ist 2017 zum zwölften Mal infolge gesunken: 17 Neueröffnungen standen dabei 42 Schließungen gegenüber. „Unterm Strich hat dies zu einem weiteren Rückgang um 25 Apotheken geführt – von 1998 Betriebsstätten zum Jahresbeginn auf inzwischen nur noch 1973“, berichtet Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL).

Fast ein Viertel dieser Apotheken wird laut AKWL als Filiale betrieben. Ihre Zahl hat sich im Verlaufe des Jahres 2017 weiter erhöht – von 457 auf 472. Im Umkehrschluss heiße dies: Im Landesteil Westfalen-Lippe gibt es inzwischen nur noch 1501 Apothekeninhaber. Im Vorjahr waren es noch 1541, vor 15 Jahren sogar noch 2256. „Wir haben also seit 2002 mehr als ein Drittel der Selbständigen verloren und liegen hier jetzt auf dem Niveau des Jahres 1972“, bilanziert Walter.

Die deutlichsten Rückgänge gab es 2017 in den Städten Bochum, Dortmund mit jeweils vier Apothekenschließungen, Gelsenkirchen, Meinerzhagen und Recklinghausen mit jeweils zwei Schließungen. Gegen den Trend entwickelte sich die Zahl der Apotheken in Münster: Sie stieg, nach elf Schließungen in den vergangen fünf Jahren, wieder um zwei Betriebsstätten.

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sieht durch den Rückgang nach wie vor zwar keine akute Gefahr für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. „Aber in einigen Regionen und Städten wird die Luft allmählich dünner. Wir brauchen daher stabile Rahmenbedingungen, damit die Apotheken auch weiterhin die flächendeckende Versorgungen über Tag und in der Nacht gewährleisten können“, so der Hauptgeschäftsführer der AKWL.

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Apotheken im Kammerbezirk erstmals seit 1980 unter 2000 und bundesweit unter 20.000 Betriebe gesunken. Ende 2016 gab es nach ABDA-Angaben noch 20.023 Apotheken. Im ersten Quartal rutschte die Zahl bundesweit klar unter die Schwelle. Laut ABDA sank die Zahl der Apotheken in der ersten Jahreshälfte auf 19.880. Das war zur Jahresmitte der niedrigste Stand seit 1988. Seit Jahresende 2016 hatte sich die Apothekenzahl von 20.023 um 143 reduziert.

Bei den Schließungen setzte sich in 2017 der Trend fort, dass es immer weniger Inhaber gibt. Deren Zahl sank in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 209. Die Gesamtzahl der Apotheken wird demnach weiterhin mit der Filialisierung stabilisiert. Laut Statistik gibt es 66 Filialbetriebe mehr als noch zum Jahresanfang.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kommentiert die Zahlen so: „Immer mehr Apothekeninhaber geben auf. Es tut weh, wenn selbstständige Apotheker entweder wirtschaftlich dazu gezwungen sind oder einfach keine pharmazeutische Perspektive mehr sehen.“ Der Verlust an selbstständigen Apothekern schmerze deshalb besonders, weil Freiberuflichkeit und Gemeinwohlpflicht untrennbar miteinander verbunden seien. „Jeder Inhaber trägt die volle Verantwortung und gibt der Apotheke ein Gesicht“, so Schmidt. Wo früher noch mehr als 20.000 Inhaber gewirkt hätten, seien heute weniger als 15.400 Selbstständige übrig.

Noch ist die flächendeckende Versorgung aus Schmidts Sicht aber nicht gefährdet. Der ABDA-Präsident warnte jedoch, dass ein Preiswettbewerb mit ausländischen Versandhändlern bei rezeptpflichtigen Medikamenten den Abwärtstrend beschleunigen werde. Denn diese müssten sich ja seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Oktober 2016 nicht mehr an die Preisbindung halten.

Im Jahr 2016 schlossen unter dem Strich bundesweit 226 Apotheken. 349 Schließungen standen nur 123 Neueröffnungen gegenüber. Insgesamt gab es zum 31. Dezember 2016 15.607 Hauptapotheken, das waren 361 weniger als Ende 2015. Die Zahl der Filialapotheken stieg um 135 auf 4416. Die Apothekendichte liegt aktuell bei nur noch 24 Betriebsstätten für 100.000 Einwohner. Zuvor waren im Durchschnitt noch 25 Apotheken für die Arzneimittelversorgung von 100.000 Menschen verfügbar. 2008 gab es im Mittel noch 26,3 Apotheken pro 100.000 Einwohner.

Das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Honorargutachtern prognostiziert zudem einen weitere Rückgang der Apothekenzahl: Die Gutachter halten 7600 Apotheken für „wirtschaftlich gefährdet“. „Das sind insgesamt circa 47 Prozent aller Apotheken-Unternehmen, die in ihrem Brutto-Betriebsergebnis keinen angemessenen Unternehmerlohn im Vergleich zu einem Krankenhausapothekenleiter realisieren“, so das Gutachten. Damit sei knapp die Hälfte der Apotheken für eine Übernahme „wirtschaftlich eingeschränkt attraktiv“. Etwa 2600 Apotheken sei es bereits 2015 „sehr schlecht“ gegangen.

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