Versandapotheken

„Wir brauchen eine neue Apothekenlandschaft“

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Berlin -

In den nächsten fünf Jahren wird sich die Apothekenlandschaft in Deutschland grundlegend verändern. Diese Ansicht vertraten alle an der Podiumsdiskussion beim BVDVA-Kongress teilnehmenden Politiker. Unterschiedliche Auffassungen gab es, in welche Richtung die Reise geht. In einem konkreten Punkt aber war man sich einig: Das elektronische Rezept (E-Rezept) muss nach der Bundestagswahl rasch kommen.

Für die SPD erklärte die Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar, dass die Politik für die Vor-Ort-Apotheken in ländlichen Regionen „völlig andere Instrumente“ entwickeln müsse, um sie als niederschwellige Anlaufstelle für die Patienten zu erhalten. Grund sei die Abwanderung der Ärzte. „Apotheken siedeln sich dort an, wo Ärzte zu finden sind“, so Dittmar.

Daher werde auch der Versandhandel in Zukunft eine größere Rolle spielen. Sie denke dabei in erster Linie an die Präsenzapotheken mit Versandhandelserlaubnis. Auch der Botendienst müsse sich weiter entwickeln. „Wir müssen alle Vertriebswege offen halten“, sagte Dittmar. Zudem müsse die Kompetenz der Apotheker viel stärker einbezogen werden. Dass die Apotheker beim Medikationsplan nur zuarbeiten könnten, sei „ein Witz“. „Wir müssen die Versorgung wesentlich integrierter gestalten.“

Zur Sicherung der Arzneimittelversorgung auf dem Land schlug CSU-Gesundheitspolitikerin Emmi Zeulner Ausschreibungsmodelle vor: Damit könne man bundesweit mit klar definierten Rahmenbedingungen nach Apothekern suchen. Außerdem müsse das E-Rezept nach der Bundestagswahl endlich auf den Weg gebracht werden, sagte Zeulner. „Das haben wir in dieser Legislatur nicht hinbekommen.“ Die CSU werde alles dafür tun, die flächendeckende Versorgung mit Arzt und Apotheker aufrechtzuerhalten. Dazu gehörten attraktive Arbeitsplätze auf dem Land und eine intakte Infrastruktur: „Jedes Haus muss wie Strom und Wasser auch einen Glasfaseranschluss erhalten.“

Für die FDP relativierte die stellvertretende Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Beschluss des Parteitages zur Abschaffung des Fremdbesitzverbotes: Das sei „durchaus umstritten“, räumte sie ein. Trotzdem habe sich die FDP mit ihrem Programm nicht von den Apothekern angewandt. „Aber wir sind nicht automatisch die Vertreter eines Berufsstandes“, so Strack-Zimmermann. Man müsse sachlich darüber diskutieren, wie man die Apotheken stärken könne. Bei den Apothekern habe es aber „viel Kriegsgeheul“ in Folge des Parteitags gegeben.

Aber Amazon-Apotheken seien nicht das, „was wir wollen“, auch keine Pharmaunternehmen, „die 30 bis 40 Apotheken gründen“. „Ich persönlich warne davor“, sagte die FDP-Vize. Aber über das Fremdbesitzverbot müsse man diskutieren. Allerdings wurde in der Diskussion die Position von Strack-Zimmermann nicht ganz klar, da sie im gleichen Zusammenhang zwischen den Begriffen Fremdbesitz- und Mehrbesitzverbot wechselte. Die FDP wolle an einheitlichen Arzneipreisen festhalten. In der Apotheke dürfe nicht um Preise „gefeilscht“ werden. Ein Rx-Versandverbot gehe allerdings „völlig an der Realität vorbei“. Auch die Digitalisierung sei nicht aufzuhalten. Strack-Zimmernmann: „Das E-Rezept muss kommen.“

„Wir brauchen eine völlig andere Apothekenlandschaft“, sagte Grünen-Gesundheitspolitikerin Cordula Schulz-Asche. Man müsse Gründungen erleichtern und eine „Abstimmung zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken“ für ländliche Regionen hinbekommen. „Das schaffen wir nicht über Wettbewerb oder Marktsteuerung. Wir müssen neue Kooperationsformen entwickeln“, so Schulz-Asche.

Den Rx-Versandhandel könne man nicht „zurückdrehen“, so Schulz-Asche weiter. Die Diskussion darüber sei „versäumte Zeit“ für die Rettung der Apotheken gewesen. Apotheken seien in der Vergangenheit bei der Suche nach neuen medizinischen Versorgungsstrukturen zu sehr vernachlässigt worden. Apotheken müssten „näher an den Verschreibern sein und nicht in Fußgängerzonen“, so die Grünen-Gesundheitspolitikerin. Der Apothekerberuf müsse in einer anders aufgestellten Apothekenlandschaft aufgewertet werden.

Kritik übte Schulz-Asche an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Sie verstehe nicht, warum Gröhe sich so frühzeitig auf ein Rx-Versandverbot festgelegt habe. „Das war ein ganz großer Fehler. Die Apotheken vor Ort sind jetzt die Dummen.“ Die Grünen-Politikerin forderte die Apotheker auf, ihre digitale Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

Beim Medikationsplan seien sie von der Politik doch nicht beachtet worden: „Warum werden die Apotheker nicht selbst aktiv bei der Digitalisierung der Versorgung?“ Es sei längst nicht mehr zeitgemäß, dass das Rezept immer noch in Papierform in der Apotheke abgegeben werde: „Darüber lachen doch die jungen Leute.“

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