Hamburg

Traditions-Apotheke: Rettung in letzter Sekunde

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Berlin -

Es war Rettung im letzten Moment: Die Oberdörffers-Apotheke in Hamburg – das älteste Geschäft der Hansestadt – bleibt erhalten: Apothekerin Doris Lüdke hat die traditionsreiche Apotheke übernommen und freut sich jetzt auf die neue Aufgabe.

Nach dem überraschenden Tod der Inhaberin Marina Neugebauer im vergangenen Jahr mussten die Erben kurzfristig einen Verwalter einsetzen. Der 31-jährige Hendrik Hagemeister sprang ein und führte die Apotheke an der Hoheluftchaussee – vorübergehend. Ein Kauf der Apotheke kam für den jungen Pharmazeuten nicht in Frage, er wollte den Erben aber Zeit verschaffen, einen Nachfolger zu finden.

Eine Verwaltungstätigkeit ist rechtlich zeitlich begrenzt – am 14. Juni endete die Hagemeisters Frist. Am 15. Juni übernahm Lüdke. Sie hatte 18 Jahre lang die Friesen-Apotheke in Hamburg Ochsenzoll geführt. Doch nach einem Brand in einem Sonnenstudio war sie zuletzt das einzige Geschäft in einer Ladenzeile. „In dieser Situation konnte ich den Mietvertrag nicht um weitere fünf Jahre verlängern“, so die Apothekerin.

Lüdke schloss ihre Apotheke und arbeitete zunächst als angestellte Apothekerin, um in Ruhe nach einem neuen Standort zu suchen. Die Übernahme der Filiale eines Kollegen scheiterte, da sich dieser letztlich doch für eine Fortführung entschied.

Dann las Lüdke bei APOTHEKE ADHOC den Bericht über die Oberdörffers-Apotheke und schaffte mit ihrem Berater und dem Vertreter der Erbengemeinschaft die Rettung. „Tatsächlich hat alles auf den letzten Drücker geklappt“, sagt Lüdke. Das sei auch der Zielstrebigkeit und Erfahrung der Beteiligten geschuldet. „Da konnte uns auch der Poststreik zum Schluss nicht mehr ärgern“, berichtet Lüdke. Die Behörden hätten Verständnis gezeigt und teilweise die notwendigen Dokumente digital akzeptiert.

Am Montag war Hagemeister noch zur Übergabe in der Oberdörffers-Apotheke. Er wird in einer anderen Apotheke als Angestellter arbeiten und möchte irgendwann mit seinem Bruder zusammen eine Apotheke eröffnen. Auch er ist stolz, seinen Teil dazu beigetragen zu haben, ein Stück Hamburger Geschichte zu erhalten.

Aktuell hat die Oberdörffers-Apotheke besonders viel Zulauf: „Die Kunden kommen, weil sie mich kennenlernen möchten, die haben anscheinend richtig darauf gewartet“, sagt Lüdke. Einige Änderungen musste sie wegen Auflagen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nach der Übernahme vornehmen, weitere Maßnahmen zur Modernisierung der Apotheke laufen – die EDV-Anlage wird aufgerüstet, eine Klimaanlage installiert.

Wenn alles fertig ist, will Lüdke mit ihren vier Mitarbeitern die Kunden zu einer kleinen Eröffnungsfeier einladen. Dafür zusätzlich die Werbetrommel rühren kann ihre Schwester, die Schauspielerin Andrea Lüdke, bekannt etwa aus der Serie Großstadtrevier. Die Familie stammt eigentlich aus Sachsen-Anhalt, Lüdke ist mit zwei Schwestern in der Nähe der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze „mit Blick auf Wolfsburg“ aufgewachsen.

Lüdke engagiert sich seit Jahren politisch vor Ort. Sie ist langjähriges Mitglied im Ortsvorstand Langenhorn der CDU Hamburg Nord, Mitglied des Kreisausschusses sowie Mitglied im Landesfachausschuss Gesundheit und Verbraucherschutz. Sogar Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat die Apothekerin schon getroffen: Bei einer Veranstaltung zur Pflegereform während des Hamburger Wahlkampfs habe man Ende Januar 2015 „sehr nett miteineinander gesprochen“, so Lüdke.

Regelmäßig in Kontakt ist sie zudem mit Dietrich Wersich (CDU), ehemaliger Gesundheitssenator in der Hansestadt und selbst Arzt. Auch mit dem Hamburger Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer (CDU) tausche sie sich immer wieder über gesundheitspolitische Themen aus.

Die Oberdörffers-Apotheke wurde schon 1531 am Großen Burstah in der heutigen Altstadt von der Familie Oberdörffers gegründet. Nach dem Hamburger Brand im Jahr 1842 zog die Apotheke auf die Hoheluftchaussee. An dem heutigen Standort ist sie seit rund 30 Jahren. Zur 350-Jahrfeier der Handelskammer wurde die Apotheke als ältestes bestehendes Geschäft in der Hansestadt ermittelt.

Damals war die Oberdörffers Apotheke die einzige in der Hoheluftchaussee. Heute gibt es in unmittelbarer Nachbarschaft die Falken-Apotheke und die Hoheluft-Apotheke, jeweils rund 100 Meter entfernt. Auf der anderen Seite der Chaussee gibt es noch die La Vie Apotheke, zwei Straßen weiter die Manstein-Apotheke.

Mit der Konkurrenz vor Ort hat Lüdke kein Problem. Zu einer Kollegin hat sie sogar ein persönliches Verhältnis. Gegen die Rettung der traditionsreichen Apotheke dürfte ohnehin kein Hamburger etwas einzuwenden haben.

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