Notdienstgedanken

3 Rezepte, 9 Positionen, 2 Sekunden: Haben Sie alles da?

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Berlin -

Immer wieder bemerke ich, wie eilig es die Menschen um mich herum haben. Geduld scheint ein Fremdwort zu sein in der heutigen Zeit, auch in der Apotheke. Entschleunigung, achtsamer leben oder einen Gang zurückschalten werden als Schlüssel für ein gesundes und bewusstes Leben propagiert – zu Recht. Manchmal denke ich, Kunden könnten diesem Trend ruhig mal folgen, und mich nicht unter Druck setzen. Die Nachtdienstgedanken.

Ein Apfelbaum wächst nicht in drei Tagen, sagt ein deutsches Sprichwort, und auch Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden. Beim Thema Geduld mag das alles stimmen und richtig sein, aber wenn der Kunde in die Apotheke kommt, hat das alles keine Bedeutung mehr – zumindest bei manchen Menschen. Zeit ist kostbar heutzutage, deshalb sollten alle Informationen gefälligst immer parat und alle Arzneimittel immer vorrätig sein. Bestellen und später abholen? „Nie haben Sie was da!”, heißt es dann. Ich verstehe den Kunden, wenn er alles sofort mitnehmen will. Häufig ist es aber im Apothekenalltag nicht anders machbar, insbesondere wenn es sich um eine kleine Apotheke handelt. Alle Rabattverträge aller Krankenkassen sind einfach nicht zu berücksichtigen.

Vorgestern kam ein Mann herein, er hatte mehrere Privatrezepte in der Hand. „Guten Tag!”, sagte ich freundlich und lächelte ihn an. „Hallo! Bitteschön.” Er reichte mir die drei Verordnungen und ergänzte: „Ich hoffe, sie haben alles da!” „Ich schau mal”, sagte ich. Ich warf einen Blick auf jedes einzelne Rezept, bei dem je drei verschiedene Mittel verordnet wurden. Auf dem ersten Rezept standen Ramipril 5 mg, 100 Stück, Candesartan 16 mg, 100 Stück und Pantoprazol 40 mg, 100 Stück.

Weiter ging es mit Rezept Nummer 2: Ibuprofen 600 mg, 50 Stück, Zink-Ionen 25 mg, 50 Stück, ASS 100 mg magensaftresistent, 100 Stück. Weiterhin soll der Kunde Prednison-Tabletten in der Stärke 5 mg zu 20 Stück, ein Budesonid-Spray sowie Simvastatin 40 mg, 100 Stück bekommen. Unschwer war zu erkennen, dass der Patient multimorbide war. Das flüchtige Schauen hat wirklich nur wenige Sekunden gedauert und ich habe angefangen, die einzelnen Positionen einzugeben.

„Haben Sie alles da?“ Er wiederholte die Frage, obwohl er mir doch eben erst die Rezepte gegeben hatte! „Ich bin gerade dabei zu schauen. Einen Moment, bitte.” Bei zwölf verschiedenen Präparaten dauert es halt eine Weile und ich arbeite meiner Ansicht nach schon ziemlich schnell. Wichtig ist doch auch, das Richtige herauszusuchen, oder nicht? Vor allem bei Arzneimitteln, wo eine Falschabgabe mit verheerenden Folgen verknüpft ist.

Mit der ersten Verordnung war ich rasch durch. „So, bei dem hier haben wir schon einmal alles da. Jetzt bin ich bei zweiten Rezept.” Ich musste zwischendurch auch erfragen, welcher Hersteller den jeweils erwünscht ist. Doch so richtig zufrieden war der Kunde damit nicht, ich habe seine Ungeduld wirklich gespürt. „Nein, das dauert mir hier viel zu lange. Ich hole die Sachen morgen ab!” Ok, von mir aus.

„Sie haben mir drei Rezepte mit je drei verordneten Arzneimitteln gegeben. Das sind insgesamt neun verschiedene Mittel, die ich alle einzeln eingeben und bei denen noch die richtige Größe und Stärke auswählen muss. Etwas Zeit sollten Sie schon mitbringen”, sagte ich. Er schaute mich freundlich an, nach dem Motto: Ich will jetzt trotzdem gehen. Ich gab ihm einen Abholschein mit. „Und welche Hersteller sollen es bei den anderen sein?” – „Egal, Hauptsache günstig.”

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