Wettbewerbsrecht

Die Risiken der Nebenwirkungen

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Berlin -

Bei der Bewerbung von Arzneimitteln gelten in Apotheken strenge rechtliche Vorgaben. Ist ein OTC-Preisvergleich zu ungenau oder fehlt ein Pflichttext, droht juristischer Ärger. Denn die Wettbewerber haben sich scharf im Auge und gehen auch gegen kleinere Verstöße vor. Dass man auch zu viele Angaben machen kann, musste jetzt eine Versandapotheke aus Bayern erfahren.

Der Apotheker wurde von der Wettbewerbszentrale abgemahnt, weil der Standardtext „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ unter jedem Produkt zu lesen war – also auch bei Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika. Die Wettbewerbszentrale sah darin eine Irreführung der Verbraucher und hat vor dem Landgericht Bamberg ein Anerkenntnisurteil durchgesetzt. Die Versandapotheke darf den Pflichttext nur noch verwenden, wenn sie tatsächlich Arzneimittel bewirbt.

In der Klageschrift begründet die Wettbewerbszentrale ihr auf den ersten Blick strenges Eingreifen. Eine „flächendeckende“ Anbringung des Pflichttextes entwerte dessen Warnfunktion, so das Hauptargument.

Der im Heilmittelwerbegesetz (HWG) vorgeschriebene Standardsatz solle die Verbraucher für die Gefahren sensibilisieren, die von der Einnahme von Arzneimitteln ausgehen. „Dem Verbraucher wird verdeutlicht, dass es sich gerade nicht um ein alltägliches, grundsätzlich ohne Bedenken konsumierbares Gut handelt, sondern um eine mit Risiken und Nebenwirkungen behaftete Ware“, heißt es in der Klage.

Im Umkehrschluss halte der Verbraucher Produkte, bei denen der Pflichttext angegeben sei, automatisch für Arzneimittel. Dies gelte umso mehr für Apotheken, weil die Produkte dort „Seite an Seite mit wirklichen Arzneimitteln“ beworben würden, so die Wettbewerbszentrale.

Insbesondere bei Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln sei die Abgrenzung zu Arzneimitteln entscheidend, so die Wettbewerbszentrale. Durch den Hinweis auf vermeintliche Risiken und Nebenwirkungen entstehe jedoch der Eindruck, es handele sich bei den Cremes und Kapseln tatsächlich um Arzneimittel. Die Verbraucher könnten den Produkten demnach Wirkungen zuschreiben, die diese gar nicht haben dürften.

Eine Gefahr sieht die Wettbewerbszentrale darin, dass sich die Kunden daran gewöhnen könnten, den Pflichttext auch in Verbindung mit eigentlich ungefährlichen Produkten zu lesen. Der Hinweis verwässere und werde über kurz oder lang nicht mehr ernst genommen, so die Befürchtung. Damit gehe auch die vom Gesetzgeber gewünschte Schutzfunktion verloren.

Mit dem Anerkenntnisurteil ist das Verfahren abgeschlossen. Allerdings geben auch andere Versandapotheken den Pflichttext bei allen Produkten an, sei es aus Bequemlichkeit oder um auf Nummer sicher zu gehen. Da die Wettbewerbszentrale solche Fragen gerne abschließend von den Gerichten klären lässt, sind weitere Verfahren nicht ausgeschlossen.

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