Urteil zu NEM

OLG: Kater ist eine Krankheit

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Berlin -

Der Kater nach übermäßigem Alkoholgenuss ist aus Sicht des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) eine Krankheit. Nahrungsergänzungsmittel dürfen daher nicht als Mittel gegen diesen Zustand beworben werden. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Der Verband sozialer Wettbewerb (VSW) war gegen die Werbung für das das Produkt one:47 der Firma founderholics vorgegangen. Dies ist in Form eines pulverförmigen Sticks („Drink“) und einer trinkfähigen Mischung („Shot“) erhältlich. Der Hersteller wirbt mit Aussagen wie „Anti Hangover Drink“, „Natürlich bei Kater“ oder „Mit unserem Anti-Hangover-Drink führst Du Deinem Körper natürliche, antioxidative Pflanzenextrakte, Elektrolyte und Vitamine zu“.

Das Landgericht Frankfurt hatte der Klage des VSW im Wesentlichen stattgegeben. Das OLG bestätige dies nun: „Informationen über ein Lebensmittel dürfen diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaft entstehen lassen“, so das OLG unter Verweis auf Vorgaben der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV).

Eine Aussage sei krankheitsbezogen, wenn sie direkt oder indirekt den Eindruck vermittele, dass das beworbene Lebensmittel zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit beitrage. Hier suggerierten die untersagten Aussagen, das beworbene Produkt sei zur Behandlung der Symptome eines Alkoholkaters geeignet oder könne einem Kater vorbeugen.

Die Kater-Definition des Gerichts: „Unter Krankheit ist jede, also auch eine geringfügige oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers zu verstehen.“ Auch eine nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit, „die geheilt, dass es beseitigt oder gemindert werden kann und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit darstellt, rechnet zum Begriff der Krankheit“. So seien Kopfschmerzen eine Krankheit, nicht aber natürliche physiologische Zustände.

In der nun untersagten Werbung werde der Kater mit Symptomen wie Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerz beschrieben. Derartige Symptome lägen außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite des menschlichen Körpers. „Sie treten nicht als Folge des natürlichen ‚Auf und Ab‘ des Körpers, sondern infolge des Konsums von Alkohol, einer schädlichen Substanz, ein“, begründete das OLG. Dabei sei nicht maßgeblich, dass die Symptome regelmäßig von selbst verschwinden und keine ärztliche Behandlung nötig sei.

Die vom Hersteller vorgelegten Gutachten bestätigten die Einschätzung, dass es sich beim Kater um eine Krankheit handele. Dafür spreche bereits, dass es für den Kater einen medizinischen Fachbegriff, nämlich „Veisalgia“, gebe. Founderholics könne sich auch nicht drauf berufen, dass ihre Werbung eine zulässige gesundheitsbezogene Angabe in Form eines nach dem Anhang der Health Claim-VO (HCVO) genehmigten Claims darstelle. Der von ihr in Bezug genommene Claim habe mit der hier geschilderten Katersymptomatik nichts zu tun.

Die Richter hatten dem Hersteller in der mündlichen Verhandlung nahegelegt, das Produkt als bilanzierte Diät zu vertreiben. Tatsächlich hat founderholics genau das auch schon gemacht, hierzu gibt es allerdings ebenfalls rechtliche Auseinandersetzung.

Die wird auch im aktuellen Fall noch weitergehen. Das OLG hat keine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Der Hersteller wird aber Nichtzulassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegen.

 

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