Rx-Boni

Hennrich: SPD muss Rx-Versandverbot akzeptieren

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Berlin -

Nachdem der EuGH Rx-Boni für ausländische Versandapotheken zugelassen hat, drängen die Gesundheitspolitiker der Union in der Koalition auf ein komplettes Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Nach der gesundheitspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Maria Michalk fordert jetzt auch CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich das Aus: „Wir müssen jetzt gesetzgeberisch tätig werden. Der EuGH hat einen rechtssicheren Weg bereits aufgezeigt. So hat er in früheren Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass ein vollständiges Verbot von Versandapotheken möglich wäre.“

In Gefahr sieht Hennrich sonst das deutsche Apothekenwesen: Das Urteil habe „das Potenzial, die dezentrale Arzneimittelversorgung in der Apotheke vor Ort zu real in ihrer Existenz zu gefährden“. Die Union erhebe den Anspruch, „diese Versorgung vor Ort aufrecht zu erhalten“. Nur so könne eine flächendeckende und schnelle Versorgung mit Medikamenten sowie die damit verbunden dringend notwendige Beratung durch Apotheker gewährleistet werden.

Hennrich appellierte an den Koalitionspartner SPD, beim Rx-Versandverbot mitzuziehen. „Bewegen muss sich allerdings dringend unser Koalitionspartner SPD. Schließlich war es Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die mit der Aufhebung des Versandhandelsverbots den Grundstein für die heutige Entscheidung gelegt hat.“ Wer es mit einer patientennahen und qualitativ hochwertigen Versorgung ernst meine, müssen sich gemeinsam mit CDU und CSU für eine schnelle Lösung einsetzen.

Zurückhaltender hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf das Urteil reagiert: „Für die Bundesregierung hat die Sicherstellung der flächendeckenden und wohnortnahen Arzneimittelversorgung oberste Priorität“, teilte das BMG. Man müsse zunächst die Urteilsbegründung abwarten und werde diese „sorgfältig prüfen“. Keine Aussagen wollte das BMG zu möglichen Maßnahmen wie einem Rx-Versandhandelsverbot treffen.

Einen schweren Schlag für Patientinnen und Patienten, sieht Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im EuGH-Urteil, „denn es bedeutet eine Stärkung des Versandhandels und bedroht nicht zuletzt Apotheken auf dem Lande“. Wie zu befürchten gewesen sei, sein dem europäischen Gericht der freie Warenverkehr und Preiswettbewerb wichtiger als die Sicherstellung von Notfallversorgung und persönlicher Beratung in der Apotheke vor Ort. Die Arzneimittelsicherheit und die flächendeckende wohnortnahe Versorgung könnten dabei auf der Strecke bleiben. Vogler: „Jetzt muss die Bundesregierung handeln und möglichst schnell den Versandhandel für rezeptpflichtige Arzneimittel verbieten.“

Der EuGH hat die Rx-Festpreisbindung als nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs für unzulässig erklärt. Zur Begründung führen die Richter aus, dass sich die Festlegung einheitlicher Abgabepreise auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken stärker auswirkt, sodass der Zugang zum deutschen Markt für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse.

Der Versandhandel stelle für ausländische Apotheken ein wichtigeres beziehungsweise sogar das einzige Mittel dar, um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten. Der Preiswettbewerb könne für Versandapotheken ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken, die besser in der Lage seien, Patienten durch Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen.

Grundsätzlich könne zwar eine Beschränkung des freien Warenverkehrs mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden, doch ist laut EuGH die Preisbindung zur Erreichung dieser Ziele nicht geeignet. „Es wurde insbesondere nicht nachgewiesen, inwiefern durch die Festlegung einheitlicher Preise eine bessere geografische Verteilung der traditionellen Apotheken in Deutschland sichergestellt werden kann.“

Laut EuGH legen im einige eingereichte Unterlagen nahe, „dass mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken die gleichmäßige Versorgung mit Arzneimitteln fördern würde, da Anreize zur Niederlassung in Gegenden gesetzt würden, in denen wegen der geringeren Zahl an Apotheken höhere Preise verlangt werden könnten“.

Zudem lägen keine Belege dafür vor, dass durch Preiswettbewerb wichtige Leistungen wie die Notfallversorgung in Deutschland nicht mehr zu gewährleisten wären, weil sich die Zahl der Präsenzapotheken in der Folge verringern würde. „Andere Wettbewerbsfaktoren wie die individuelle Beratung der Patienten durch Personal vor Ort könnten den traditionellen Apotheken nämlich eventuell dabei helfen, konkurrenzfähig zu bleiben.“

Es könnte sich auch herausstellen, dass für die traditionellen Apotheken, wenn sie sich einem Preiswettbewerb der Versandapotheken gegenübersehen, sogar ein Anreiz dazu bestünde, mehr Leistungen im Allgemeininteresse wie die Herstellung von Rezepturarzneimitteln anzubieten. „Ein Preiswettbewerb könnte auch den Patienten Vorteile bringen, da er es gegebenenfalls ermöglichen würde, verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland zu günstigeren Preisen anzubieten als sie derzeit festgelegt werden.“

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