Krebserkrankung

Apotheke für Erik: Wenn die Kasse nicht zahlt

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Berlin -

Der sechsjährige Erik aus Rügen kämpft mit einem seltenen Tumor. Die Insel nimmt lebhaft Anteil an seinem Schicksal. Auch die Vita-Apotheke springt in die Bresche.

Es begann mit merkwürdigen Erscheinungen: Von jetzt auf gleich legte Erik seinen Kopf schief, auch der Gang wurde unsicher. Die Kinderärzte vor Ort erkannten schnell, dass da etwas nicht stimmte, und verwiesen zu Spezialisten nach Greifswald. Ponsgliom, so lautete im Oktober 2017 ihre niederschmetternde Diagnose. Der diffus wachsende schwere Tumor im Hirnstamm gilt als unheilbar. Mit einer Chemotherapie kann das Wachstum zumindest vorübergehend gestoppt, wenn auch nicht aufgehalten werden. Erik selbst nennt den Tumor inzwischen seine „Beule im Kopf“.

Um den Eltern unter die Arme zu greifen, gründete sich der Förderverein Netzwerk Rügen, der vor allem aus kleinen und mittelständischen Unternehmen besteht. Mit dabei ist auch die in Bergen ansässige Vita-Apotheke von Mirko Leonhardt. Mit Hilfe des Vereins, aber auch dank der Spenden der Apothekenkunden konnten die 50.000 Euro für den ersten Block einer experimentellen Therapie in Köln aufgebracht werden. „Sie soll den Tumor kleiner machen oder ganz zum Verschwinden bringen“, sagt Leonhardt. „Die Eltern klammern sich an jedem Hoffnungsschimmer, damit Erik alle Chancen bekommt, die er verdient. Da zählt jeder Tag.“ Für den zweiten Block der Behandlung fehle allerdings schon das Geld.

Von der Krankenkasse sei keine Hilfe zu erwarten, hat der Apotheker erfahren. „Da die Therapie noch im experimentellen Stadium ist, fühlt sie sich nicht zuständig.“ Auch manche Medikamente oder Hilfsmittel, die Erik das tägliche Leben erleichtern, würden mit Zuzahlung belegt oder gar nicht erstattet.

Hier springt die Vita-Apotheke in die Bresche und spendet alle nötigen Mittel. Dazu zählen etwa die Resochin junior-Lösung (Chloroquinphosphat), die ihm dabei hilft, die Nebenwirkungen der Chemotherapie zu lindern, Gelatineplättchen, die die Tabletteneinnahme erleichtern, oder Sprays zum schmerzlindernden Ablösen von Pflastern. „Das gesparte Geld sollen die Eltern lieber in Spielzeug oder in einen neuen iPad investieren, damit der Junge etwas hat, was ihm Laune macht.“

Ganz Rügen hat sich das Schicksal des Jungen schon zu Herzen genommen. Viele Kunden geben regelmäßig etwas in die eigens dafür aufgestellten rosa Sparschweinchen in der Vita-Apotheke. „Auch so mancher Hartz-IV-Empfänger spendet schon mal 20 Euro“, hat Leonhardt beobachtet. Allerdings gäbe es auch kritische Stimmen: „Ich bin schon gefragt worden, was denn so eine Aktion für einen Sinn habe, wenn der Junge ohnehin stirbt. Doch das Geld ist sinnvoll angelegt, wenn es dem Jungen sein Leiden erleichtert.“

Über die Monate seien die Eltern zu Freunden geworden, sagt der Apotheker. Die Krankheit habe den Jungen schon sehr verändert. „Wenn man Bilder von vor der Diagnose und Fotos von heute nebeneinander legt, könnte man schon heulen.“ Keiner wisse, wie viel Zeit Erik noch bleibe. „Bei einem Erwachsenen mit ähnlichem Krankheitsbild liegt die Lebenserwartung bei einem dreiviertel Jahr“, sagt Leonhardt. „Seine Freunde besuchen ihn oft zuhause. Er erträgt seine Krankheit sehr tapfer und ist sehr fröhlich.“ Alles, was er vermöge, um dem Jungen zu helfen, werde er auch weiterhin tun.

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