Nacht- und Notdienst

Keine Kulanz: Apothekerin will Kunden erziehen

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Berlin -

Auch im Nacht- und Notdienst müssen sich Apotheker nicht alles gefallen lassen. Und mit Entgegenkommen wird man unangenehmen Überraschungen und frechen Kunden sowieso nicht Herr. Das jedenfalls findet Apothekerin Sabine Herrmann aus Hannover. Sie rät dazu, mit den Kunden ruhig und sachlich zu argumentieren: „Kulanz führt uns auf den total falschen Weg.“

„Im Notdienst muss man gar nichts machen“, findet Herrmann – weder ein Arzneimittel zurücknehmen, noch etwas ohne Rezept abgeben. So etwas hat die 62-jährige schon mehrfach erlebt. Kunden klingeln und fordern die Herausgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels, ohne dass ein Rezept vorgelegt werden kann. Beschimpft worden ist sie dann schon, weil sie sich verweigerte. „Wollen sie etwa, dass ich gegen geltende Gesetze verstoße“, fragt Hermann in solchen Fällen: „Wollen Sie, dass ich meine Approbation verliere?“

Man müsse sachlich und ruhig bleiben in solchen Diskussionen, rät Herrmann und hat selbst gute Erfahrungen mit dieser Strategie gemacht. „Man darf nicht zu viel Rücksicht auf die Patienten nehmen.“ Arzneimittel seien nicht „irgendeine Ware“. Wollen sich ungeduldige Kunden Herrmanns Argumente nicht anhören, reagiert sie eindringlicher: „Es ist meine Pflicht als Apothekerin, Sie aufzuklären. Das müssen Sie sich jetzt anhören.“

Man müsse konsequent mit den Patienten umgehen, „sonst schätzen die Patienten die Arzneimittel nicht mehr als besondere Güter“, warnt Herrmann. Apotheker müssten sich daher die „Mühe machen, mit den Leuten ruhig zu reden und auf sachlicher Ebene bleiben“, Auch wenn das Zeit koste. Seit der Aufhebung der Preisbindung 2004 drehe sich bei OTC sowieso alles nur noch um den Preis. Dem dürfe man keinen Vorschub leisten. Auch wenn der eine oder andere Kunde dann verärgert abziehe, sei das kein Problem: „Im Nacht- und Notdienst klingeln doch hier in Hannover überwiegend keine Stammkunden.“

Mir ihren Aussagen reagiert Herrmann auf die nächtlichen Erlebnisse von Apotheker Rainer Vogelmaier von der Rehnenhof Apotheke in Schwäbisch Gmünd. Der hatte kürzlich ein Vorkommnis der besonderen Art: „Bei mir ist etwas vorgekommen, was ich nicht für möglich hielt im Notdienst.“

Um 22.30 Uhr klingelte ein Mann an der Notdienstklingel und fragte für seine Freundin nach guten Schmerztabletten gegen Zahnschmerzen. Vogelmaier empfahl ihm Ibuprofen-Lysinat. Kosten in der Rehnenhof Apotheke: etwas über 8 Euro plus 2,50 Euro Notdienstgebühr. Als der Kunde den Preis erfuhr, entschied er sich für Ibu 400 mg für gut 5 Euro plus 2,50 Euro Notdienstgebühr.

Fünf Minuten später klingelte derselbe Kunde erneut und wollte die Tabletten in Paracetamol 500 umtauschen, weil sie ihm zu teuer seien. Vogelmaier wies den Kunden darauf hin, dass Paracetamol 500 bei Zahnschmerzen nicht die beste Wahl sei. Davon ließ sich der Kunde jedoch nicht beeindrucken. „Kulanterweise habe ich dann den Umtausch vorgenommen“, so der Apotheker, „obwohl ich die Ibu 400 dann nicht mehr verkaufen kann.“

Schließlich wollte er seine Ruhe haben. Allerdings kam nach weiteren fünf Minuten die Freundin mit den Zahnschmerzen persönlich und wollte das Paracetamol mit der Begründung zurückgeben, es gebe Paracetamol 500 sonst auch für 1,34 Euro. Diese hatte Vogelmaier allerdings nicht mehr auf Lager. „Diesem Wunsch kam ich aber dann nicht mehr nach“, berichtet der Apotheker empört, „was denken sich denn die Leute, daß wir Hampelmänner sind und je nach Lust und Laune verdummt werden können?“

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Apotheker Vogelmaier im Notdienst über ungewöhnliches Verhalten ärgern musste. Einmal weckte ihn ein Kunde um 4.30 Uhr und fragte nach Nasentropfen. Als er ihm diese anbot und die Notdienstgebühr verlangte, ging der Kunde wieder und sagte: „Dann komme ich morgen wieder und spare die 2,50 Euro.“

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