Wegen Import-„Bastelpackung“

Als DAV-Chef Becker Besuch von der Polizei bekam

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Berlin -

In seltener Allianz kämpft die AOK Baden-Württemberg regelmäßig mit den Apothekern gegen die Importförderklausel. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Regelung anpassen. Kassenchef Dr. Christopher Hermann und Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), sind dagegen für eine komplette Streichung der Klausel. In einer gemeinsamen Presseerklärung werden große Geschütze aufgefahren.

Becker, der auch Chef des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV) ist, hatte laut Mitteilung sogar wegen eines Importarzneimittels sogar schon einmal die Polizei in der Apotheke. Es handelte sich zwar nicht um eine Arzneimittelfälschung, aber die Aufmachung des abgegebenen Imports hatte den Kunden offenbar verunsichert. Ungern erinnere sich Becker daran zurück, wie der Kunde einige Zeit später in Begleitung der Polizei zurückgekehrt war. Der Vorfall liegt zwar schon einige Zeit zurück, zeigt aus Sicht des LAV aber, wie groß im Extremfall die Verunsicherung auf Kundenseite sein kann.

Becker beschleicht immer wieder ein ungutes Gefühl, wenn er einen Blick auf die „Bastelpackungen“ werfe, heißt es in der Mitteilung. „Es verunsichert unsere Kunden, wenn Blisterpackungen schräg ausgeschnitten sind, Schachteln mit irgendwelchen Etiketten überklebt wurden oder widersprüchliche Angaben über die enthaltene Arzneimittelmenge auf der Packung stehen. Wir möchten unsere Arbeit nicht durch unseriös wirkende Produkte diskreditiert sehen“, wird der DAV-Chef zitiert.

Bei der AOK im Ländle hegt man dasselbe Misstrauen. Hermann ist gegen die geplante Neuordnung der Importregelung, mit der sich das Kernproblem aus seiner Sicht nicht ändert: „Nichts wird besser, wenn man ein ineffektives Bürokratiemonster noch komplexer macht“, kommentiert. „Das ist nicht nur ein bürokratischer Irrweg, es ist vor allem für Patienten schnell gefährlich und finanziell nutzlos“, so Hermann.

Die von Spahn vorgeschlagene Neuregelung der Preisabstandgrenzen für Importarzneimittel sieht vor, den Mindestpreisabstand künftig von der Höhe des Preises des Bezugsarzneimittels abhängig zu machen: 15 Prozent Abstand bei Originalpräparaten bis zu einem Preis von 100 Euro, 15 Euro für Arzneimittel zwischen 100 und 300 Euro und 5 Prozent für Arzneimittel ab 300 Euro. Für extrem hochpreisige Arzneimittel gäbe es demnach keinen „Deckel“ beim Preisabstand mehr.

Der AOK-Chef warnt davor, mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) an jener Klausel festzuhalten, „die wiederholt das Haupteinfallstor für die Machenschaften von Hehlerbanden und Arzneimittelfälschern“ gewesen sei. „Die Interessen von ein paar Subventionsgewinnlern dürfen nicht schwerer wiegen als die Arzneimittelsicherheit. Es geht um Patienten, nicht darum, einem andauernden Problemmarkt per gesetzlicher Quote Umsatz und Gewinn zu garantieren“, so der Kassenchef.

Die Quotenförderung reizt aus Hermanns Sicht mutmaßliche Betrüger geradezu an, über lange und intransparente Lieferketten quer durch den Kontinent Arzneimittelfälschungen auf den deutschen Markt zu bringen. Ihr Geschäft sei gerade in Deutschland dank der gesetzlichen Quotenförderung besonders lukrativ. Nicht ohne Grund habe sich der Bundesrat Mitte März für die Streichung der Importförderklausel eingesetzt.

Hermann hofft, dass die die Klausel in den parlamentarischen Beratungen zum GSAV noch gestrichen wird. Zuletzt habe sich auch die Taskforce ‚Lunapharm‘ für die Streichung ausgesprochen. „Das ist ein Fall, der in aller Deutlichkeit zeigt, wie gefährlich eine bürokratische Regelung ist, die Interessen der Reimportlobby Vorrang vor der Arzneimittelsicherheit gewährt“, warnt Hermann.

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