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Apotheker verstecken ihre Rente

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Berlin -

Nein, die Rente ist leider nicht sicher. Die Versorgungswerke ächzen unter Negativzinsen und die SPD würde die Apotheker sowieso am liebsten in das staatliche Rentensystem führen. Da gilt es, privat vorzusorgen und sich abzusichern – notfalls mit ungewöhnlichen Mitteln. Die Apotheker könnten aus einer anderen Not Kapital schlagen und die Lieferengpässe vergolden.

Es gehört zu den peinlicheren Gesprächen am HV-Tisch, wenn man dem Kunden erklären muss, dass sein Arzneimittel weder vorrätig noch auf absehbare Zeit lieferfähig ist. Das gilt umso mehr, wenn man demselben Kunden vor Wochen lang und breit verklickert hat, dass ihm seine Kasse dieses und nur dieses Rabattarzneimittel gönnt und er sein gewohntes Präparat leider nicht mehr bekommen kann. Kommt nach dem Engpass dann mal wieder ein Schwung Betablocker aus Indien, wird der Patient um-umgestellt und auch die Diskussion beginnt von Neuem.

Apotheker könnten mit Blick auf die Rentendebatte auf finstere Gedanken kommen: die dritte Umstellung – zurück zum Rabattarzneimittel – einfach aussetzen und das endlich gelieferte Arzneimittel in den Safe legen. L-Thyroxin und Metoprolol werden je nach Hersteller immer wertvoller. Und der Marktwert von Novaminsulfon entwickelt sich seit Jahren dynamischer als der Goldpreis.

Am besten wäre es wohl, gleich eine ganze Säule im Generalalphabet mit „Riester“ zu beschriften. Das ist Altersvorsorge auf pharmazeutische Art. Ideal ist dabei ein gemischtes Portfolio, damit man auf Marktschwankungen auch im Alter reagieren kann. Apropos Alter: Unbedingt die Haltbarkeit im Blick behalten (außer bei AOK-Patienten). Und wer sich das alles alleine nicht zutraut, kann den An-Lager-Berater seines Großhändlers fragen.

Natürlich würde das kein Apotheker wirklich machen, weil für ihn die Versorgung vorgeht. So finster denken vermutlich nur Mitarbeiter von Krankenkassen. Die AOK Rheinland/Hamburg jedenfalls hat die Apotheker im Verdacht, die Nichtverfügbarkeits-PZN aus Spaß an der Freude aufzudrucken. Jetzt will die Kasse immer einen Nachweis des Herstellers sehen.

Anscheinend hat sich noch nicht bis ins Rheinland herumgesprochen, dass der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Phagro dem GKV-Spitzenverband schon vor Monaten erklärt haben, dass die Hersteller ihre Engpässe zumindest in Rabattverträgen seltenst zugeben. Warum nicht? Weil ihnen sonst Vertragsstrafen drohen. Von wem? Na von wem wohl.

Aber die AOK ist ja genügsam: Weil man insgeheim weiß, dass man die Generikabranche bis zum Einkauf gefälschter Studien gepresst hat und mit Sicherheit keine Pille zu viel für den deutschen Markt mehr produziert wird, gibt sich die Kasse auch zufrieden, wenn zwei Großhändler einen Engpass bestätigen. Drei wären allerdings besser. Und für die Apotheken werden vorerst nur Menetekel-Schattenretaxatierungen an die Wand geworfen. Aber ab sofort wird scharf geschossen.

Als ob die AOK Rheinland/Hamburg mit ihren Zyto-Verträgen zuletzt nicht schon unangenehm genug aufgefallen wäre. Doch statt auf die Kritik ihrer Versicherten zu reagieren, wird lieber Druck auf die Ärzte ausgeübt. Wenigstens haben die Kollegen des ARD-Magazins Panorama dokumentiert, wie eine Onkologin gefügig gemacht werden sollte. Für die betroffenen Krebspatienten, ihre Ärzte und Apotheker mag es zumindest eine kleine Genugtuung gewesen sein, wenigstens einmal sehen zu dürfen, wie die beiden Vertreterinnen der AOK zusammenzucken, als sie das Kamerateam vor der Praxis entdecken. Helfen wird es wohl nicht – die Politik sieht im Öffentlich-Rechtlichen weiter tatenlos zu.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ist dagegen aktiv geworden und hat 13 Standorte durchsucht, um einem offenbar groß angelegten Abrechnungsbetrug auf die Spur zu kommen. Besonders heikel: Beteiligt gewesen sein soll eine ehemalige Vize-Präsidentin der Apothekerkammer Hamburg. Die Ermittlungen laufen.

Apotheker werden allerdings viel öfter Opfer von Betrügern als dass sie selbst kriminell aktiv werden. An Versuchen mangelt es jedenfalls nicht. Besonders gemein: Apothekengründer werden in der stressigen Anfangszeit überrumpelt und zum Abschluss eines vollkommen sinnlosen „Handelsregister-Abos“ geködert. Ein juristisches Vorgehen gegen diese Briefkastenfirmen ist fast immer aussichtslos.

Wie jetzt zu DocMorris überleiten? Ein ehemaliger Briefmarkensammler aus Frankfurt würde gerne Zur Rose übernehmen. Steht allerdings auch im Verdacht, es nicht vollkommen ernst damit zu meinen. Frist läuft. Die Frist der verbliebenen DocMorris-Apotheken in Deutschland läuft dagegen unbarmherzig ab. Wenn der letzte Markenpartnervertrag ausgelaufen ist, war's das endgültig. Schön, wenn einem Focus Money auf den letzten Metern noch attestiert, eine besonders faire Apothekenkooperation zu sein. Etwas fairspätet diese Ehrung.

Wenn DocMorris dann irgendwann aus den Fußgängerzonen verschwunden ist, haben die easy-Apotheken das Grün für sich. Und ganz im Greenwash-Geiste ist man auch bei easy um Umweltschutz bemüht. Um für den Filial-internen Rx/OTC-Transport keine Papiertüten mehr zu verschwenden, benutzt eine Berliner easy-Apotheke jetzt Gefrierbeutel. Klingt komischer als es ist. Wer in 50 Apotheken gearbeitet hat, hat vermutlich ganz anderes gesehen...

Relativ allgemein ist dagegen die Erfahrung in Apotheken, dass man Patienten erklären muss, warum eine Rezeptur nicht in fünf Minuten hergestellt werden kann. Während beide Aufgaben – Herstellung und Erklärung – meist PTA vorbehalten ist, müssen diese immer öfter die Arbeit der PKA mit verrichten. Trotzdem gibt es in einer bayerischen Schule erstmals keinen neuen PTA-Lehrgang. Da kann sich doppelt glücklich schätzen, wer schon einen Nachfolger für seine Apotheke gefunden hat.

Und wenn Sie an diesem Wochenende auch noch Notdienst schieben müssen, dann basteln Sie sich doch Ihr eigenes Bullshit-Bingo mit den dümmsten Sprüchen, die man in einer Nacht so hören kann. Wir haben da mal was vorbereitet. Schönes Wochenende!

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