BMG-Datenaffäre

Das ist die Anklage

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Berlin -

Die Ouvertüre ist vorbei, der Prozess um den vermeintlichen Datenskandal im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat richtig begonnen. Der Staatsanwalt hat am Freitag nach mehreren Anträgen und Unterbrechungen die Anklage verlesen. Damit sind weitere Details zu den Vorwürfen bekannt.

In dem Verfahren stehen Christoph H., ehemaliger IT-Mitarbeiter des BMG, sowie Thomas Bellartz, heute Herausgeber von APOTHEKE ADHOC, vor Gericht. Sie sollen sich laut Anklage 2006 kennengelernt und dann vereinbart haben, Daten aus dem BMG zu stehlen, insbesondere aus den mit Arzneimitteln und Apotheken befassten Fachreferaten 113 und 114.

Laut Staatsanwalt wurde vor allem auf Unterlagen von den Ministern Daniel Bahr und Philipp Rösler (beide FDP), den Staatssekretären Annette Widmann-Mauz (CDU) und Stefan Kapferer (FDP) sowie den jeweils zuständigen Abteilungs- und Referatsleitern zugegriffen.

Zwischen Januar 2009 und November 2012 sollen sie in 40 Fällen jeweils „gemeinschaftlich handelnd“ sich oder Dritten Zugang zu gesicherten Daten verschafft haben, die nicht für sie bestimmt waren. Dies ist unter dem juristischen Fachbegriff des Ausspähens strafbar. Der zweite Tatvorwurf betrifft das Bundesdatenschutzgesetz, demzufolge keine personenbezogenen Daten unbefugt erhoben und verarbeitet werden dürfen – insbesondere gegen Entgelt, in Bereicherungsabsicht oder zur Schädigung eines anderen.

Der Systemadministrator soll mit einem zu Wartungszwecken eingerichteten Testzugang die Inhalte diverser E-Mail-Postfächer auf externe Datenträger kopiert haben, inklusive Dateianhängen. Dabei sei beiden bewusst gewesen, dass die Informationen eigentlich nur für die jeweiligen Empfänger der E-Mails gedacht gewesen seien.

Dem Staatsanwalt zufolge wollten beide Angeklagten finanziell profitieren: Der IT-Mann unmittelbar, weil er für die Datenlieferungen von Bellartz jeweils zwischen 400 und 1000 Euro erhalten haben soll, insgesamt 26.500 Euro. Ihm werden weitere Vergehen zur Last gelegt, die nichts mit der Datenaffäre zu tun haben.

Bei Bellartz konstruiert die Anklage den Vorteil indirekt: Sein Motiv sei es gewesen, sein Gehalt als ABDA-Kommunikationschef rechtfertigen zu können. Außerdem sei es ihm darum gegangen, die Attraktivität von APOTHEKE ADHOC zu steigern, weil seine damalige Frau zu dieser Zeit Geschäftsführerin der Firma EL PATO war.

Seit Beginn der Ermittlungen waren immer wieder Details aus dem Verfahren an die Presse gelangt, zuletzt hatte der Staatsanwalt sich vor Verlesung der Anklage zu umfassenden Äußerungen hinreißen lassen. Einen Antrag, ihn deshalb vom Prozess auszuschließen, wiesen die Richter ab. Laut Verteidigung gibt es auch eindeutige Anzeichen dafür, dass die komplette Anklage bereits an Pressevertreter weitergegeben wurde. Der Antrag, die Gerichtssprecherin zu vernehmen, wurde ebenfalls abgewiesen. Nach der Mittagspause geht es weiter mit den Eröffnungsstatement der Verteidiger.

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