Großhandel

Gehe: Horchposten in Berlin

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Berlin -

Gehe will stärker im politischen Berlin wahrgenommen werden. Der Stuttgarter Pharmagroßhändler hat deshalb ein Büro in der Hauptstadt gegründet. Der neu geschaffene Bereich Public Affairs wird von Manuela-Andrea Pohl geleitet.

Die Pharmagroßhändler werden bei politischen Entscheidungsträgern und Organisationen vom Branchenverband Phagro vertreten. Das reicht Gehe angesichts des überschaubaren Erfolgs aber offenbar nicht aus. „Mit der Schaffung einer Public Affairs-Stelle möchten wir die Politik verstärkt für die elementare Rolle der Gehe für das Gesundheitssystem in Deutschland sensibilisieren und damit die bisherigen politischen Aktivitäten des Pharmagroßhandels in Berlin ausdrücklich unterstützen“, sagt Vorstandschef Dr. Peter Schreiner.

Pohl soll künftig die Interessen aus Stuttgart stärker im Bundestag und bei anderen Interessensvertretungen präsentieren. Die Politologin kennt sich im politischen Berlin aus. Zuletzt war sie knapp neun Jahre beim Verband der Ersatzkassen (vdek) als stellvertretende Pressesprecherin tätig und verantwortete das Referat Presse und Online-Medien.

Von Ende 2005 bis Mitte 2009 leitete Pohl das Büro der Berliner Bundestagsabgeordneten Mechthild Rawert (SPD). Zudem war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Sozialpädagogin. Für den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Ditmar Staffelt war Pohl knapp drei Jahre tätig. Außerdem arbeitete sie vier Jahre als Dozentin in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz.

In diesen Tagen wird Pohl gemeinsam mit Schreiner und Andreas Thiede, Geschäftsführer Marketing- und Vertrieb, bei wichtigen Stakeholdern in Berlin vorstellig. Auch die ersten öffentlichen Positionierungen ließen nicht lange auf sich warten: Nach einer Honorarerhöhung forderte der Großhändler ein Ende von exklusiven Rabattverträgen. Diese Form der Ausschreibungen müsse auf den Prüfstand, so Schreiner. Das Ausfallrisiko erhöhe sich und die Arzneimittelversorgung werde durch Lieferengpässe erschwert. „Vielmehr sollte das Mehrpartnermodell im Rahmen der Rabattverträge ohne Ausnahmen gelten. Denn es sorgt für eine bessere Verfügbarkeit von Medikamenten, weniger bürokratischen Aufwand und am Ende für eine zuverlässigere Arzneimittelversorgung in Deutschland.“

Defekte von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nehmen laut Gehe seit Jahren zu. „Richtig ist, dass Rabattverträge ein wirksames Instrument der Arzneimittelversorgung sind, um Kosten im Gesundheitssystem einzusparen“, so Schreiner. Aber sei bei Exklusivverträgen das verschriebene Medikamente nicht verfügbar, „ist es für den Apotheker nur mit bürokratischem Aufwand möglich, eine verfügbare Alternative an den Patienten abgeben zu dürfen, die von der Krankenkasse akzeptiert wird.“

Zuvor hatten Schreiner und Thiede bei den Gesundheitspolitikerinnen Karin Maag (CDU) und Martina Stamm-Fiebich (SPD) für eine Erhöhung der Vergütung geworben. Zudem wird das Presseteam personell aufgestockt. Als neuer Pressesprecher ist seit Anfang April bereits Dustin Tusch tätig. Der Sozialwissenschaftler ist Quereinsteiger, kommt aus der Fitness- und Gesundheitsbranche.

Beim Mutterkonzern McKesson (früher: Celesio) ist Ronan Brett für den Bereich Public Affairs zuständig. Der Brite hatte vor Jahren die Ketteninteressen des Konzerns auch auf europäischer Ebene vertreten. Celesio hatte vor zehn Jahren ein Lobbybüro in Berlin eröffnet. Der heutige Strategie-Chef der Versandapotheke DocMorris, Max Müller, sollte damals die Kontakte zu Politik, Krankenkassen, Parteien, Verbänden und in die Gesellschaft verstärken. Müller ist heute außerdem Präsident des Verbands der europäischen Versandapotheken (EAMSP).

Die Nähe zur Politik suchte Gehe in der Vergangenheit jahrelang zudem beim sogenannten gesundheitspolitischen Forum. Der Großhändler lud Politprominenz zur Talkrunde und Apotheker als Publikum ein, mit dabei waren Anfang der 2000er Jahre regelmäßig der heutige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die ehemalige Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz, Daniel Bahr (FDP) und Biggi Bender (Grüne).

Dependancen in Berlin für einen intensiveren Politkontakt sind auch bei Pharmaherstellern beliebt. Boehringer Ingelheim etwa empfing bei der Eröffnung des Lobbybüros sogar den ehemaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).MSD Sharp & Dohme ist im Bezirk Mitte in der Nähe des Bundesgesundheitsministeriums stationiert. Auch Sanofi, Pfizer oder GlaxoSmithKline (GSK) wollen die eigenen Interessen zusätzlich zu ihrer Mitgliedschaft bei Pharmaverbänden selbst vertreten wissen.

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