Giftige Glukose-Mischung

Nach Todesfällen: Behörden schließen drei Apotheken in Köln

/ , Uhr aktualisiert am 26.09.2019 11:22 Uhr
Berlin -

Nach dem Tod einer Mutter und ihres ungeborenen Kindes in Köln infolge einer giftigen Glukose-Mischung aus einer Apotheke ziehen die Behörden Konsequenzen: Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hat jetzt die sofortige Schließung der Heilig-Geist-Apotheke angeordnet. Bisher blieb die Offizin geöffnet. Auch die beiden anderen Betriebe des Inhabers sind von der Schließung betroffen. Vor zwei Tagen wurde bekannt, dass die 28-jährige Frau und ihr ungeborenes Kind nach der Einnahme gestorben sind.

Damit sind die Apotheke am Bilderstöckchen, die Hauptapotheke des Inhabers Till Fuxius, und seine beiden Filialen Heilig-Geist-Apotheke sowie Contzen-Apotheke auf unbestimmte Zeit geschlossen. Durchgeführt wird die Maßnahme vom Gesundheitsamt Köln als zuständige Behörde. Die Schließung diene dem vorbeugenden Schutz der Bürger, heißt es in einer Stellungnahme der Bezirksregierung.

Ein Ministeriumssprecher ergänzt: „Es konnte bisher nicht herausgefunden werden, wer die Verantwortung für die Geschehnisse trägt.“ Solange dies der Fall sei, könne der Betrieb in den Apotheken nicht weitergehen. Daher sei es auch nötig gewesen, die beiden anderen nicht betroffenen Apotheken des Inhabers zu schließen. „Es ist derselbe Apothekenverbund. Aber es fehlen unter anderem noch genauere Informationen zur Mitarbeiterstruktur“, so Birkenkämper.

Laut Gesundheitsministerium ist noch immer nicht geklärt, ob es sich um eine absichtliche Manipulation des Glukosegemisches handelte. Daher sei eine Gefährdung weiterer Kunden durch Arzneimittel aus den Apotheken nicht ausgeschlossen. Das mache die vorübergehende Schließung des gesamten Betriebs erforderlich. Wie lange die drei Apotheken geschlossen bleiben, steht noch nicht fest. Solange die Ermittlungen andauern, ist jedoch nicht mit einer Wiedereröffnung zu rechnen.

Am Morgen war jedoch mindestens eine der Apotheken noch geöffnet, wie ein dpa-Reporter berichtete. Telefonisch sind die drei Betriebe aktuell jedoch nicht erreichbar, lediglich der Anrufbeantworter springt an. Man rufe außerhalb der Öffnungszeiten an, heißt es vom Band.

Die Schließung sei nicht durch die Staatsanwaltschaft veranlasst worden, sagte Staatsanwältin Natalie Traut am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Verfahren gegen unbekannt eingeleitet; eine Mordkommission ermittelt in alle Richtungen. „Wir prüfen weiterhin alles von Fahrlässigkeit bis Vorsatz“, sagte Traut.

Dass man die Schließung erst am Donnerstag veranlasst habe, sei nicht durch einen neuen Sachstand begründet, stellte der Ministeriumssprecher klar. „Wir mussten uns den Sachverhalt erst einmal anschauen und prüfen, was juristisch möglich und geboten ist.“

Polizei und Stadt hatten ausdrücklich davor gewarnt, Glukose-Präparate aus der betroffenen Apotheke einzunehmen. Diese sollten stattdessen bei der Polizei abgegeben werden – was am Dienstag auch passierte. Eine Frau, die von ihrer Frauenarztpraxis informiert worden sei, habe ein Glukose-Präparat aus der Apotheke bei der Polizei abgegeben, bestätigte die Staatsanwaltschaft. Zuvor hatte darüber der Kölner Express berichtet. Das Präparat wird nun von der Rechtsmedizin untersucht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wollte sich am Donnerstagmittag zu den Vorfällen äußern.

Die drei Apotheken von Fuxius waren zunächst weiter geöffnet. Nur Rezepturen durfte die Heilig-Geist-Apotheke nicht abgegeben. Der Apotheker zeigte sich nach den Todesfällen sichtlich mitgenommen. „Das ist eine unvorstellbare persönliche Tragödie“, sagte er am Dienstag. Wie das Gift in das Glukosegemisch gelangen konnte, sei ihm ein Rätsel: „Ich bin fassungslos, ich kann es mir nicht erklären“.

Die Staatsanwaltschaft Köln ist derzeit dabei, Zeugen zu vernehmen. Zunächst stehen die Apothekenmitarbeiter im Fokus. „Wir müssen herausfinden, wer an dem Tag, als die Glukosemischungen verabreicht wurden, für was zuständig war“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Dazu zähle auch die Frage, wer Zugang zur Rezeptur hatte. Die Angestellten gelten hierbei als Zeugen, nicht als Beschuldigte, betonte er.

Zudem müsse noch geklärt werden, ob das Ungeborene tatsächlich an den Folgen des toxischen Gemischs oder durch den Notkaiserschnitt starb. Schließlich befand sich die Frau erst in der 25. Schwangerschaftswoche, was die Erfolgschancen eines Kaiserschnitts gering mache. Die Auswertung entsprechender Gutachten dauere aber noch einige Wochen, dämpfte der Oberstaatsanwalt die Hoffnung auf schnelle Ergebnisse.

Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien soll es sich bei dem giftigen Stoff um ein Betäubungsmittel handeln. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Stadt Köln wollten das allerdings zunächst nicht kommentieren.

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