„Hier wird mit zweierlei Maß gemessen“

Hamburger Apotheker verklagt VW

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Berlin -

Der Hamburger Apotheker Uwe Völkner verklagt den VW-Konzern. Sein Auto, ein Škoda Superb Kombi 1.6 L TDI, gehört zu den weltweit rund 11 Millionen VW-Fahrzeugen, bei denen ein Computerprogramm eingebaut wurde, das Abgaswerte bei Tests manipuliert. „Mich ärgert, dass mit zweierlei Maß gemessen wird“, sagt er mit Blick auf die Automobil- und seine eigene Branche. „Wenn man mir Schummeln vorwerfen würde, würde es gleich heißen: Betrug.“

21.690 Euro hat Völkner, Inhaber der Lincoln-Apotheke an der Reeperbahn, 2013 für das Auto bezahlt. Als der Diesel-Skandal bekannt wurde und mit ihm nach und nach Details der „Schummel-Software“, gehörte der Apotheker zuerst nur zu jenen Fahrzeugbesitzern, die sich ärgerten. Nach und nach wurde aus dem Ärger Empörung. „Mein Sohn hat schließlich gesagt: ‚Dann mach‘ doch was!‘“ Völkner kontaktierte daraufhin einen Hamburger Rechtsanwalt, der in dem Fall einige hundert Mandanten vertritt.

Was Völkner wütend macht, ist die unterschiedliche Behandlung von Unternehmen. Auf der einen Seite sei da der VW-Konzern, der der Meinung sei, dass den rund zwei Millionen in Deutschland betroffenen Kunden eigentlich keine Entschädigung zustehe. Auf der anderen Seite erlebt der Apotheker – wie alle Kollegen – täglich in seiner Offizin den Dokumentations-Wahnsinn, alles muss minutiös aufgezeichnet werden. Vergisst man in der Eile ein Detail, können harsche Strafen drohen.

Völkner sagt es deutlich: „Was VW macht, ist keine Schummelei, sondern Betrug.“ Er räumt ein: „Menschen machen Fehler. Wir sind Menschen und dürfen Fehler machen. Wichtig ist, dass man dazu steht.“ Es geht ihm um Gerechtigkeit: „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. VW sagt, tut uns leid, da haben wir ein bisschen geschummelt, das kann man wieder geradebiegen – ich finde, das geht einfach nicht.“ Nach Recherchen der „taz“ sind oder waren 50.000 Verfahren gegen den Autokonzern anhängig. Hinzu kommt die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband, der sich 400.000 Geschädigte angeschlossen haben.

Mit seinem Škoda ist der Hamburger Apotheker grundsätzlich zufrieden: „Es ist ein tolles, schönes Auto, das mich noch nie im Stich gelassen hat.“ Nur beim Preis, als er es vor einiger Zeit verkaufen wollte, stellte er einen ungewöhnlichen Werteverfall fest. Er fühlt sich von VW veräppelt. „Ich habe mir extra einen Wagen der Öko Edition Green Line gekauft. Wenn man dann erfährt, dass ich dieses Auto in einigen Straßen Hamburgs gar nicht fahren darf, weil es so schmutzig ist, fühlt man sich schon veräppelt.“

„Ich bin ein bisschen ökologisch angehaucht“, sagt er gegenüber APOTHEKE ADHOC und es klingt beinahe entschuldigend. Morgens fährt er mit dem Fahrrad in die Apotheke, abends die 13 Kilometer wieder zurück. Jeden Tag, bei jedem Wetter, auch im Winter. „Da sind die Fahrradwege schön leer“, erklärt er lächelnd. Seit er Großvater ist, habe bei ihm ein Umdenken stattgefunden: „Man denkt an die Kinder und Kindeskinder, daran, was man ihnen für eine Welt übergeben wird und wird nachdenklicher.“ Das schlägt sich auch in der Apotheke nieder: „Tüten geben wir grundsätzlich nur gegen ein kleines Entgelt an die Kunden. Das Geld kommt sozialen Zwecken zugute“, sagt er, „manche Kunden legen noch ein bisschen Geld dazu.“

Seit einigen Tagen liegt nun ein Urteil des Landgerichts Hamburg vor. VW wurde darin zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt, davon sollen aber 8695 Euro abgezogen worden, denn schließlich sei der Wagen bisher genutzt worden. Zudem soll der Apotheker 28 Prozent der Rechtskosten tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das bedeutet, dass sowohl er als auch VW in Berufung gehen könnten. Derzeit hat Völkner noch nicht entschieden, was er machen wird.

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