Wettbewerbszentrale

Skonto rettet keine Apotheken – das kann nur die Politik

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Berlin -

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Zulässigkeit von Skonti wird mit Spannung erwartetet. Die Wettbewerbszentrale kritisiert, dass sich das Verfahren zu einer Diskussion über die Existenzgefährdung von Apotheken entwickelt habe. Daher kommt aus Bad Homburg die Aufforderung an die Bundesregierung, für die Sicherstellung einer ausreichenden Apothekenhonorierung zu sorgen. „Sollte als Folge des Urteils tatsächlich die wirtschaftliche Existenz zahlreicher Apotheken gefährdet sein, so müsste der Gesetzgeber für eine Nachjustierung des Vergütungssystems sorgen.“

Als Reaktion auf das Urteil des OLG Bamberg werde von vielen Apothekern und Vertretern der Branche auf die große wirtschaftliche Brisanz einer Entscheidung hingewiesen. Die Bewertung reicht von „Skontobombe“ bis hin zu einem prognostizierten flächendeckenden „Apothekensterben“. „Wenn es sich bei der Skontierung tatsächlich nur um die Belohnung für ein frühes Bezahlen handelt, so ist allerdings kaum vorstellbar, dass die Streichung dieser Vorteile den wirtschaftlichen Betrieb einer Apotheke bis hin zur Betriebsaufgabe gefährdet“, hält die Wettbewerbszentrale solche Sorgen für übertrieben. Sollte dies aber tatsächlich so sein, „so liegt es am Gesetzgeber, dieses offenbar unzureichende Vergütungssystem nachzubessern“.

Das Argument der flächendeckenden Arzneimittelversorgung als Argument für Skonti gelte umgekehrt auch für den Großhandel: Hohe Rabatte kämen üblicherweise nur großen Apotheken zugute. Umsatzschwächere Apotheken würden von höheren Rabatten eher nicht profitieren. Das Ungleichgewicht würde sich weiter verschieben, „die Arzneimittelversorgung eher gefährdet denn gestärkt“.

Hohe Rabatte gefährdeten auch die flächendeckende Versorgung durch den Großhandel. Bei der Skontogewährung habe der Großhandel legitimerweise in erster Linie sich und seine wirtschaftlichen Vorteile im Auge. „Unrealistisch hohe Rabatte würden die Leistungsfähigkeit des Großhandels auf Dauer schwächen und sich damit auch negativ auf die Apothekenbranche auswirken“, heißt es in einer Stellungnahme der Wettbewerbszentrale zum BGH-Prozess.

„Der Gegenstand dieses Prozesses ist im Verlaufe der letzten Monate aus dem Blick geraten“, kritisiert Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale. „Es geht nicht um die Vergütung der Apotheker, sondern um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Großhandelsbranche, in der sich viele strikt an die Arzneimittelpreisbindung halten, während andere – vorgeblich als ‚Wohltat‘ für den Apotheker, tatsächlich aber als Mittel der Gewinnsteigerung – Skonti geben.“

Die Frage, ob Skonti erlaubt seien oder nicht, sei seit Langem umstritten und ungeklärt. „Sollte der BGH die Skonti für unrechtmäßig halten, wäre für Rechtssicherheit gesorgt“, so Münker. Die Wettbewerbszentrale hat mit ihrem Vorgehen gegen den Arzneimittelgroßhändler AEP das BGH-Verfahren ins Rollen gebracht. Konkret geht es um das AEP-Angebot, bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einen Rabatt von 3 Prozent plus 2,5 Prozent Skonto bei Einhaltung der Skontofrist zu gewähren.

In erster Instanz hatte das Landgericht Aschaffenburg die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Bamberg hat auf die Berufung der Wettbewerbszentrale hin den Großhändler verurteilt, es zu unterlassen, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Rabatte zu bewerben, die über den Höchstzuschlag von 3,15 Prozent hinausgehen.

Nach Auffassung des OLG ist der Festzuschlag von 70 Cent nicht disponibel: Er sei stets zu erheben. Lediglich der prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent stehe für Rabatte zur Verfügung. In seiner Begründung verwies der Senat auf das Ziel des Gesetzgebers, mit den Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheke sicherzustellen. AEP hatte gegen die Entscheidung Revision eingelegt. Die mündliche Verhandlung beim BGH findet am 13. Juli statt.

In der Branche kursieren bereits Gerüchte über erneute Konditionenkürzungen. In Apothekerkreisen kursiert das anonyme Schreiben eines Großhändlers. Darin wird Bezug genommen auf den Skonto-Prozess vor dem BGH: „Wie wir aus gut unterrichteten Kreisen aus dem direkten Umfeld des Gerichts erfahren haben, wird das Gericht entscheiden, dass Skonto in den 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis inkludiert sind“, heißt es da. Dies führe dazu, dass mit der Urteilsverkündung zum nächsten Monatsabschluss kein Skonto mehr gewährt werden könne. Dazu sei man „leider gezwungen“.

Natürlich ist die Behauptung, das Urteil bereits zu kennen, mehr als gewagt. Doch so unseriös – und womöglich gefälscht – solche Prognosen sind: Sie erinnern daran, dass es nach dem Richterspruch schnell ernst werden kann. Den meisten Apothekern ist die Schockstarre der ABDA nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni im vergangenen Herbst noch in Erinnerung.

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