Adler-Apotheke in Kusel muss schließen

„Ich dachte, ich bleibe hier Apotheker bis zur Rente“

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Berlin -

Mit großem Elan übernahm Marco Sander gleich nach dem Studium die Adler Apotheke im rheinland-pfälzischen Kusel. Zum Jahresende muss er nach 16 Jahren schließen. Vier Apotheken in einer Straße sind für den 5000-Einwohner-Ort einfach zu viel.

„Ich dachte, ich bleibe hier Apotheker bis zur Rente“, sagt er. Doch das Leben machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er zählt das mittlerweile branchentypische Potpourri auf, das ihn nach Jahren des zähen Durchhaltens zum Schließen bewog. „Gesundheitsreform, Baustellen, Geschäftsschließungen, all das hat die Kundenfrequenz reduziert“, sagt Sander.

Kusel ist die zweitkleinste Kreisstadt Deutschlands und zieht viele Besucher und Kunden aus dem Umland an. Das bedeutet zwar, dass es Platz für durchaus mehr als zwei Apotheken gibt. Vier allerdings scheinen am Ende dann doch zu viel gewesen sein. „Es gibt hier Behörden, Schulen, Fachärzte, aber alles ist rückläufig“, erklärt der Apotheker.

Die Entscheidung fiel, als feststand, dass er demnächst ein neues EDV-System brauchen würde. Stichwort Securpharm. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, am 9. Februar wird das System zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit scharf gestellt. „Das neue EDV-System hätte über 10.000 Euro gekostet, dazu kommen in den ersten fünf Jahren Wartungskosten von rund 80.000 Euro.“ Zu viel für die kleine Apotheke. Am 31. Dezember wird sie offiziell geschlossen. Schon am Wochenende davor kommen Freunde und Familie und räumen die Offizin. „Das meiste wird wohl auf dem Sperrmüll landen“, sagt Sander. Es handle sich um ausgediente Einrichtungsgegenstände aus den 80er-Jahren.

Mit viel Elan kam Sander 2003, gleich nach Beendigung des Studiums, in Kontakt mit der Adler Apotheke. Der damalige Besitzer wollte verkaufen, weil er in den Ruhestand gehen wollte. „Es ist keine Riesen-Apotheke, die Zahlen schienen okay“, so der Apotheker. Aus heutiger Sicht sieht er das anders. „Im Nachhinein denke ich, dass ich zu viel für die Apotheke bezahlt habe. Das Unternehmen war überbewertet.“ In Kombination mit den übrigen Probleme, die sich mit den Jahren verstärkten, stellte er eines Tages fest, dass die Adler Apotheke keine Zukunft mehr hat.

„Vier Apotheken in einer Straße sind eine sehr hohe Apotheken-Dichte“, sagt er. Für die Stammkunden, die seit 30 Jahren in der Adler Apotheke einkaufen, war die Nachricht von der Schließung ein Schock. „Für sie ist es ein Umbruch, aber sie haben ja noch Apotheken vor Ort“, so Sander.

Die Zeit vor der Entscheidung war, so sagt der Apotheker, schwierig. Sie wurde abgelöst von großer Erleichterung. „So richtig bewusst wurde mir die Entscheidung allerdings erst, als ich sie den Kunden mitgeteilt habe. Davor war die Schließung eher ein unwirkliches Gefühl und ich habe es auch verdrängt. Aber jetzt ist es offiziell.“ Einige Stammkunden standen mit Tränen in den Augen in der Offizin. Sander war gern Apotheker mit eigener Apotheke. Der Beruf bleibt ihm. Ab Januar wird er im Saarland „einen Bürojob“ in der Arzneimittelbeschaffungsstelle machen. Als sich die Schließung herumsprach, bekam er einige Angebote, als Vertretungsapotheker zu arbeiten. „Ich hätte mich dreiteilen können“, sagt er. „Wenn der andere Job nicht gewesen wäre, hätte ich es gemacht.“

Für die Immobilie, die der Familie gehört, wird jetzt ein Nachfolger gesucht. Wagemutige könnten sich auch als Apotheker versuchen. Sander weiß schon jetzt: „Es wird Tage geben, an denen ich die Apotheke vermissen werde. Die Situationen, in denen man Kunden helfen kann, die netten Gespräche werden mir fehlen.“ Wer alte Apothekenflaschen als Dekoration mag, kann sich bei der Adler Apotheke melden. „Ich verkaufe alles, was noch Interessenten findet.“

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